Gaza/Ramallah - Die radikal-islamische Hamas-Organisation im Gazastreifen und das Nachbarland Ägypten steuern auf eine neue Machtprobe zu. Tausende Hamas-Anhänger marschierten am Sonntag zum Grenzübergang Rafah und forderten die Öffnung für die rund 1,5 Millionen im Gazastreifen lebenden Palästinenser. Ägypten verstärkte die Grenzpolizei, um eine gewaltsame Grenzöffnung wie im Jänner dieses Jahres zu verhindern. Ägypten hält den Grenzübergang in Rafah bis auf wenige Ausnahmen seit der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen Mitte Juni vorigen Jahres geschlossen.

Zugleich mehrt sich die Kritik innerhalb der Hamas an der Vermittlerrolle Ägyptens beim geplanten Gefangenenaustausch mit Israel. Danach wird der Ruf innerhalb der Palästinenserorganisation nach deutschen oder europäischen Vermittlern immer lauter. Viele Hamas-Mitglieder bezichtigten die Regierung einer Verschleppungstaktik, zitierte die arabische Tageszeitung "Asharq Al-Awsat" einen namentlich nicht genannten Hamas-Führer.

8500 Gefangene

Hamas will die Freilassung von rund 1000 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen im Austausch für den entführten israelischen Soldaten Gilad Shalit erreichen. Israel hält nach Angaben der Gefängnisverwaltung noch rund 8500 Palästinenser fest.

Für neue Verstimmung zwischen der Hamas und Ägypten sorgte auch der Einbruch eines Tunnels, bei dem in der Nacht zum Sonntag mindestens sechs Palästinenser ums Leben kamen. Nach Angaben aus palästinensischen Sicherheitskreisen handelt es sich bei den Toten um Schmuggler. Für deren Tod wird Ägypten verantwortlich gemacht. Ägyptische Sicherheitskräfte sollen in den vergangenen Tagen in die unter der Grenze entlang führenden illegalen Tunnel Wasser oder Gas eingeleitet haben. Seit Israel zu Jahresbeginn seine Wirtschaftsblockade des Gazastreifens verschärft hat, sind nach palästinensischen Angaben Dutzende neuer Tunnel nach Ägypten gegraben worden.

Ungeachtet neuer ägyptischer Vermittlungsversuche hat die radikalislamische Hamas eine Versöhnung mit der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas erneut ausgeschlossen. Die Fatah sei nicht zum Dialog bereit, sagte das hochrangige Hamas-Mitglied Mahmoud al-Zahar am Samstag in Gaza. Der ehemalige palästinensische Außenminister erklärte zudem, der Hamas stehe angesichts ihres Wahlsiegs bei der Parlamentswahl von 2006 nicht nur im Gazastreifen, sondern auch im Westjordanland die rechtmäßige Regierungsmacht zu. (APA/dpa)