Georgiens frühere Außenministerin Salome Surabischwili hat die so bizarren wie gefährlichen Separatistenkonflikte in ihrem Land einmal mit einem Gasherd verglichen: Russland dreht je nach Belieben an der Flammengröße, um die unbotmäßige frühere Sowjetrepublik Georgien für ihren Westkurs zu bestrafen.

Nach monatelangen militärischen Provokationen hat es Moskau nun übertrieben - und Georgiens Staatschef Michail Saakaschwili hat die Gelegenheit ergriffen. Entgegen früheren Beteuerungen versucht der Nato-Kandidat Georgien den Konflikt um das abtrünnige Südossetien militärisch zu lösen.

Der August-Krieg im Kaukasus ist eine Zäsur für die gesamte Region. Bald 20 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion soll eines der vier Separatistenregime aus dem Weg geräumt werden. Der Streit um Südossetien und Abchasien auf georgischem Territorium, die armenisch beherrschte Enklave Berg-Karabach auf aserbaidschanischem Gebiet, Transnistrien in der Republik Moldau - sie alle haben das politische Klima an diesen Ostgrenzen Europas vergiftet und eine normale demokratische Entwicklung verhindert. In Südossetien geht es um nicht weniger als um die Zurückdrängung eines postsowjetischen Imperialismus.

Das Risiko, das Saakaschwili mit dem Einmarsch in Zchinwali eingeht, ist hoch. Dem häufig unbeherrschten Präsidenten scheint es dennoch kalkulierbar zu sein: Die politische Struktur für eine neue Regierung der ossetisch-georgisch bewohnten Provinz ist schon länger vorhanden, und die politische - wenn schon nicht militärische - Unterstützung des Westens hat Georgiens Staatschef auch. Ob das gegen die russische Armee reicht, ist zweifelhaft.

 (DER STANDARD, Printausgabe, 9.8.2008)