Graz - Vor zwei Wochen erfreute ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) Umweltschützer. Demnach hat jeder EU-Bürger schon bei drohenden Überschreitungen der EU-Feinstaubgrenzwerte das Recht, Aktionspläne gegen Feinstaub bei seiner nationalen Behörde zu erwirken - der Standard berichtete. Ein in Deutschland anhängiges Verfahren, in dem ein Münchner seine Heimatstadt und den Freistaat Bayern klagte, hatte zu diesem Urteil geführt. Nun wurde in Graz eine ähnliche Klage, jene von Christian Wabl, dem ersten Feinstaub-Kläger Europas, erneut abgewiesen.

"Bei uns ticken die Uhren anders", ärgert sich Wabls Anwalt, Karl Newole über das Urteil vom Landesgericht für Zivilrechtssachen. Wabl klagte die Republik erstmals 2005, weil diese seiner Meinung nach nichts gegen die in Graz häufig überschrittenen Grenzwerte unternehme. Deswegen sollte sie für etwaige Gesundheitsschäden haften. Dabei durchlief Wabl mit seiner Feststellungsklage sämtliche Instanzen, bevor der Oberlandesgerichtshof sie an die erste Instanz zurückverwies. Im März stand Wabl - diesmal mit 17 Mitstreitern - wieder vor Gericht. Das nun zugestellte Urteil von Richter Karl Steiner wurde am 4. Juli gefällt - elf Tage bevor der EuGH sein Urteil veröffentlichte.

Die Urteilsbegründung "schockiert" Wabl: Weil laut einer von ihm vorgelegten Studie, Tempolimits Feinstaub bis zu 19 Prozent reduzieren könnten, drehte das Gericht den Spieß um: 19 Prozent reichten nicht, um Grenzwerte einzuhalten, "sodass der vom Kläger angestrebte Zweck nicht erreicht wird". Eine Schlussfolgerung die Anwalt Newole als "absurd" bezeichnet: "Natürlich gibt es mehrere Ursachen für Feinstaub, aber daraus kann man doch nicht schließen, dass die Eliminierung eines wesentlichen Emissionsfaktors unterbleiben kann". Was ihn zudem verwundere: "Kein einziger unserer Zeugen wurde gehört."

Vater rauchte in den 50ern

Unter den Entscheidungsgründen für das Urteil wird an erster Stelle eine andere Ursache des Feinstaubs genannt: Das Rauchen. Während der Nichtraucherschutz in Österreich im EU-Vergleich weit unten rangiert, weist der Richter darauf hin, dass "der Vater des 1948 geborenen Klägers rauchte". Wabl, selbst Nichtraucher, ist erzürnt: "Vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils spottet diese skandalöse Begründung jeder Beschreibung. Wir berufen solange, bis wir irgendwann vor dem EuGH landen." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD - Printausgabe, 8. August 2008)