Wolfgang Clement hat sich bei der hessischen SPD entschuldigt. Nicht aus ganzem Herzen und auch nicht bei SPD-Chefin Andrea Ypsilanti persönlich, aber immerhin so, dass er damit Wogen glätten konnte. Es war höchste Zeit dafür. Auch für Ex-Superminister und ehemalige Vizechefs einer Partei gelten gewisse Regeln des Anstandes. Wer austeilt, muss auch einstecken können.

Natürlich zeigt sich die Parteispitze nun erleichtert, aber dafür gibt es wenig Grund. Die Causa Clement hat enormen Schaden angerichtet, weil sie die Zerrissenheit der Partei gnadenlos aufdeckt. Der Streit um einen Parteiausschluss von Clement ist nur vordergründig. Die tiefen Konflikte dahinter aber kann man nicht mit einem um diese Jahreszeit üblichen Hinweis auf "Sommertheater" abtun.

Einmal mehr wird vorgeführt, dass sich in der SPD zwei offenbar unversöhnliche Flügel gegenüberstehen: Die Reformer, für die die Krise der Partei nur einen Grund hat - die Abkehr von jenem Kurs der Erneuerung, den Gerhard Schröder begonnen hatte. Und die Traditionalisten, die für das Elend der SPD genau die gegenteilige Erklärung nennen: Es ist der Schröder-Kurs, der uns nach unten zieht.

Wie jede Krise hätte auch die um Clement eine Chance geboten: SPD-Chef Kurt Beck hätte Gelegenheit gehabt, ein klares Wort zu sprechen, etwa: "Ich will, dass Clement in der Partei bleibt." Er hat es nicht getan, sondern laviert sich seit Tagen durchs Land und hofft, dass sich alles irgendwie schon finden wird. Das ist das wahre Dilemma der SPD, nicht ein Polit-Pensionist, der vor einem halben Jahr eine unpassende Bemerkung gemacht hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 8.8.2008)