Also gut: Es reicht, denn gestritten wurde genug. Besser als auf ihren mitleidheischenden Wahlplakaten konnten die beiden Koalitionsparteien den Pallawatsch, nicht beschreiben, den sie selbst angerichtet haben. Ein Rätsel bleibt dem politisch dennoch interessierten Bürger, warum sie meinen, daraus ließe sich ein Anreiz destillieren, die Republik ihren Regierungskünsten gleich noch einmal auszuliefern. Offensichtlich setzen sie darauf, dass man zumindest an einer von ihnen, im schlimmsten Fall an beiden, auch nach dem 28. September nicht vorbeikommen wird. Kein Wunder, dass in diesem Klima einer gelinden Panik "Rebellen" wie Schwammerln aus den Boden schießen.

Da gibt es den selbsternannten Rebellen vom Typ knorriger Tiroler. Der würde die etablierte Partei, der er zeitlebens angehört hat, am liebsten nie verlassen, weil von seinem Rebellentum außerhalb des Zauns, an dem man sich bequem die Hörner abstoßen kann, nichts bleibt als die hohle Phrase von der Gerechtigkeit, um die es gehe, weil doch alle so viel verdienen sollen, "dass sie sich das Leben finanzieren können". Die Spießgesellen, mit denen er für diese Gerechtigkeit sorgen will, fischt er sich zwecks Gründung einer Liste im Brackwasser zwischen rechts und ganz rechts zusammen.

Dann gibt es den Rebellen aus dem Drang heraus, einmal in seinem Leben der verflixte Kerl zu sein, der einem Koalitionspartner sein "Apage Satanas" und der Regierung, deren Ruf er als Vizekanzler fleißig zu ruinieren mitgeholfen hat, sein "Es reicht" entgegenzuschleudern. Sein Rebellentum kann sich im Wahlkampf bis zur Übernahme von Ideen steigern, deren Realisierung er zu verhindern wusste, solange sie vom Partner kamen, weil es ohnehin nur einem Anliegen gilt: der Rebellion gegen die Zumutung, eine andere Partei als seine könnte vier Jahre lang den Bundeskanzler stellen.

Der Rebellentümpel, in dem sich die Drei-Bier-Besteller und das Personal aus dem politischen Antiquariat Kärnten tummeln, bedarf keiner näheren Betrachtung mehr. Sie betreiben die Entrückung des Populistischen ins Völkische, darauf spekulierend, dass Rebellion im Namen des gesunden Volksempfindens gegen einen einigermaßen heil gebliebenen Menschenverstand in diesem Land einen Bodensatz an Stimmen noch immer garantiert hat. So könnte es dank der "Es reicht, genug gestritten" -Stimmung, mit der die daran Schuldigen das Land überziehen, auch diesmal sein, Tendenz steigend.

Als Alternative zu diesem Rebellenmix bietet sich diesmal der Netzwerker an. Von ihm weiß man vor allem: Er ist das Gegenteil des einst begehrten Quereinsteigers. Er ist sozusagen Längseinsteiger, war schon immer da und immer dabei, sein Netz zu spinnen. Das suggeriert Verlässlichkeit besonders dann, wenn er offen vorzeigt, wie weit sein Netzwerk über die Politik hinaus ins Zeitungswesen reicht. Sollte jemandem diese Offenheit zu weit gehen, entschuldigt er sich halt, denn er ist flexibel wie der EU-Kurs seiner Partei. Das kostet nichts, es erfordert auch keine Änderungen am bewährten Networking, kann also nichts Schlechtes sein, wenn man es damit sogar bis zum Parteichef bringt. (Günter Traxler/DER STANDARD, Printausgabe, 8.8.2008)