Berlin - Der deutschen Industrie droht nach Ansicht von Konjunkturexperten im Winter ein Mangel an Aufträgen und Jobabbau. "Die Erwartungen der Unternehmen für die nächsten sechs Monate sind grottenschlecht", sagte der Leiter der Konjunkturabteilung des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, der Bild-Zeitung zufolge. Der Auftragsbestand sei derzeit noch gut, aber es fehle an neuen Aufträgen. "Im Winter ist der Aufschwung definitiv vorbei. Viele Firmen werden nach und nach Kapazitäten abbauen und auch Personal kündigen", wurde Carstensen weiter zitiert.

Die deutsche Regierung erwartet jedoch trotz warnender Stimmen keinen abrupten Rückschlag für die Konjunktur. Es gebe derzeit keinen Grund, die Wachstumsprognosen für dieses und nächstes Jahr zu verändern, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin. Er verwies auf die positive Entwicklung in einigen Wirtschaftsbereichen und den Export. Die Schätzungen von 1,7 Prozent für 2008 und 1,2 Prozent für 2009 seien "schon verhalten" angesetzt worden, um keine überzogenen Hoffnungen zu wecken. Fragen nach neuen Konjunkturprogrammen wies er zurück. Nach einem bereits vereinbarten 25-Milliarden-Euro-Programm und zwei Klimaschutzpaketen gelte es, die Entwicklung zu verstetigen, "aber nicht mit neuen Programmen".

Besorgt zeigte sich jedoch der Arbeitgeberverband Gesamtmetall: "Die weltweite Konjunkturabkühlung trifft die Metall- und Elektroindustrie zunehmend stärker", sagte Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser. Zum ersten Mal seit 2001 seien die Transporte von Asien nach Europa im Juni geschrumpft, berichtet auch die Süddeutsche Zeitung (SZ) mit Hinweis auf die Konsumfreudigkeit der Deutschen. Die Kauffreudigkeit der Deutschen ist aber laut einer vom Handelsblatt initiierten Befragung bei Banken und Forschungsinstituten bisher ausgeblieben. Der deutsche Einzelhandel rechnet heuer und auch 2009 nur mit minimalen Zuwachsraten. (dpa, AP, AFP, DER STANDARD, Printausgabe, 5.8.2008)