Wien - Die Jungchoreografen-Plattform [8:tension] bei ImPulsTanz ist diesen Sommer nicht nur erweitert und um eine Auszeichnung (Prix Jardin d'Europe) für das beste Stück bereichert worden. Auch die gezeigten Arbeiten bewegen sich auf einem spannenden Niveau. Die künstlerische Bandbreite reicht dabei weit: von Performance-Installationen wie bei Ibrahim Quaraishi bis zur klassischen Soloarbeit wie etwa bei Olivier Dubois, von konzeptualistischen Positionen wie die von Christina Blanco bis zur expressiven Poesie eines Radhouane El Meddeb und von atmosphärischen Psychogrammen wie bei Dalija Acin bis zu gewitzten Auseinandersetzungen mit der Theatersituation wie bei Amanda Piña & Daniel Zimmermann.

Mit Körpern außerhalb des tänzerischen Schlankheitsgebots warten sowohl Meddeb als auch Dubois und Doris Uhlich auf. Nur gut die Hälfte der zwölf [8:tension]-Stücke sind Soloarbeiten, eine gute Bilanz für das zur Einzeldarstellung neigende Nachwuchsformat.

Der ehemalige Tänzer bei Jan Fabre, Olivier Dubois, liefert in Pour tout l'or du monde eine Figur, die zu Beginn verkrampft in schwarzem Anzug dem Musikthema der kleinen Schwäne aus dem Ballett Schwanensee lauscht. Doch aus dem Mauerschwänchen wird ein explosiver Go-go-Tänzer, der sein stattliches Bäuchlein über weißer Unterhose virtuos um eine senkrechte Tanzstange wirbelt. Mit viel Witz thematisiert Dubois die Beziehung zwischen Ballett und Strip, womit er sich nicht weit von dem Späßchen Striptease des Spaniers Pere Faura bewegt.

Faura spielt offensiv mit der Koketterie des Ausziehtanzes. Was mit Hut und Anzug beginnt, endet auch hier in Unterwäsche. Aber nicht ohne beißende Satire auf das Stripgeschäft und die entsprechenden Gelüste im Publikum. Dass der sich extra cool gebende Tänzer dabei auch Zuschauer der Aufführung per Videobild lächerlich macht, dämpft die Integrität dieser Arbeit. Trotz seiner ethischen Ambivalenz ist Fauras Stück, in dem auch ein wenig wider den Veranstalter-Strich gebürstet wird, gute Unterhaltung.

Letzteres gilt auch für cuadradoflechapersona que corre der Spanierin Cristina Blanco. Diese Performance der Zeichen zählt mit den Arbeiten von Ayse Orhon und Dalija Acin zu den Höhepunkten der [8:tension]-Reihe. Blanco ist klar von Jérôme Bel beeinflusst, Krõõt Juurak verwandt, aber keine Epigonin. Im Gegenteil. Sie arbeitet mit Sicherheit und Verve an den uns umgebenden Zeichen- und Piktogrammwelten. Viel Platz hat die konzeptuelle Choreografie in den Festivals sowieso nicht. Daher ist es umso schöner zu sehen, wie gut sich Blancos Publikum bei dieser intelligenten Arbeit amüsiert. (Helmut Ploebst, DER STANDARD/Printausgabe, 05.08.2008)