Banja Luka/Wien  - Die bosnische Hauptstadt Sarajevo sei eine monoethnische Stadt geworden, in der die Politik der ethnischen Säuberung leider erfolgreich gewesen sei, meinte der Chef des Helsinki-Komitees für Menschenrechte in Bosnien-Herzegowina, Srdjan Dizdarevic im Gespräch mit der Zeitung "Fokus" (Montags-Ausgabe). Nur ein kleiner in der Öffentlichkeit auftretender Kreis von Menschen stamme aus allen Ethnien. "Aber mehr als 90 Prozent der Einwohner von Sarajevo gehört zu einer Nation - den Bosniaken (bosnische Muslime, Anm.)."

In Sarajevo gebe es sehr wenige Serben und Kroaten in Entscheidungspositionen, sagte Dizdarevic laut dem von der staatlichen serbischen Nachrichtenagentur Tanjug zitierten Zeitungsbericht. "Wenn es einen guten Willen zur Rekonstruktion Bosnien-Herzegowinas nach dem multiethnischen Prinzip gibt, dann muss man in Sarajevo anfangen." Bosnien-Herzegowina besteht gemäß dem Daytoner Friedensabkommen von 1995 aus zwei Landesteilen (Entitäten), der bosniakisch-kroatischen Föderation und der kleineren Serbischen Republik. Keine der drei in Bosnien lebenden Volksgruppen macht heute mehr als 50 Prozent der Bevölkerung aus.

Bezeichnet das bosniakische Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums, Haris Silajdzic, die Republika Srpska immer wieder als "auf Genozid basierende Schöpfung", deren Auflösung er verlangt, drohte der bosnisch-serbische Premier Milorad Dodik mit einem Referendum über die Sezession des serbischen Landesteils. Weil der Streit auf politischer Ebene große Reformen verhindert, führt auch der mit zahlreichen Vorrechten ausgestattete internationale Bosnien-Beauftragten Miroslav Lajcak seine Arbeit fort. Sein Büro sollte ursprünglich bereits Mitte 2007 geschlossen werden. Dass die Ende Juli erfolgte Festnahme des ehemaligen politischen Führers der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, 13 Jahre nach dem Massaker an rund 8.000 Bosniaken in Srebrenica zur Versöhnung der Gemeinschaften in Bosnien-Herzegowina führt, bezweifeln Beobachter. (APA)