„Ihre Unabhängigkeitserklärung an den Strompreis“ – so lautete die viel versprechende Werbebotschaft, mit der im November 2006 das „Strom Tracker“-Zertifikat an den Start ging (ISIN DE000BC0BP58). Das von der britischen Barclays Capital in Zusammenarbeit mit Aquila Capital aus Hamburg entwickelte Produkt verheißt Anlegern eine „bestmögliche Partizipation am langfristigen Großhandelspreis für Strom.“

Nun, seit Emission des Produkts hat sich Strom um Einiges verteuert. Umso spannender ist es zu sehen, ob der Strom-Tracker seine Versprechungen gehalten hat. So viel schon mal vorweg – er hat, und doch auch wieder nicht. Dazu muss man wissen: Strom ist nicht gleich Strom. Da gibt es den, der beim Verbraucher aus der Steckdose kommt. Und den, der an speziellen Terminmärkten zwischen Energiekonzernen, Stadtwerken und Industrieunternehmen gehandelt wird – „B2B“- oder Großhandelsstrom sozusagen.

Der Preis für „privaten Steckdosenstrom“ ist laut Statistischem Bundesamt seit Emission des Zertifikats im November 2006 bis Mai 2008 um rund 13 Prozent gestiegen (auch wenn die „gefühlte“ Teuerung bei zahlreichen Verbrauchern höher liegen dürfte). Der Strom-Tracker wiederum blickt im gleichen Zeitraum auf ein Plus von 14 Prozent zurück. Als Absicherung gegen steigende Elektrizitätskosten hätte sich das Zertifikat also noch gerade so geeignet.

Jedoch wollte sich die Anlage mit dem termingehandelten Großhandelsstrom messen lassen – und da hinkt das Produkt der Benchmark weit hinterher. Zwar hat der Tracker seit Mai noch einmal kräftig zugelegt und kommt aktuell auf eine Laufzeitperformance von 27 Prozent. Die Großhandelspreise (gemessen an dem an der European Energy Exchange in Leipzig gehandelten Phelix-Future) kletterten im Beobachtungszeitraum jedoch um knapp 63 Prozent.

Das zeigt: Eine echte „Eins-zu-eins“-Partizipation am Strompreis ist mit dem Strom-Tracker nicht möglich. Ein Grund dafür liegt auch darin, dass es sich beim Basiswert um keinen einzelnen Future handelt, sondern um einen aktiv betreuten, future-basierten Index, den AC German Power Index. Dieser umfasst ein ganzes Portfolio an Elektrizitätskontrakten, die insbesondere an den großen Strombörsen in Leipzig (EEX) und Norwegen (Nord Pool ASA) gehandelt werden. Um eine optimale Partizipation zu erreichen, wird fortlaufend umgeschichtet. Mit mäßigem Erfolg, wie die Performancelücke zeigt.

Ein weiterer Punkt: Strom-Futures sind hochvolatil. Das setzt tendenziell einen langfristigen Anlagehorizont voraus, zumal Barclays Capital das Zertifikat mit einer Rücknahmegebühr von zwei Prozent belegt hat, die erst ab November 2011 entfällt. Das Problem dabei: Kurzfristig dürften die Strompreise zwar weiter zulegen, allein schon wegen der gestiegenen Produktionskosten. Auf mittlere Sicht könnte es aber zu einer Stagnation oder Korrektur kommen, insbesondere wenn die Energiekosten zu einem Wahlkampfthema werden (etwa zur Bundestagswahl 2009). Danach sieht es derzeit aus: Schon seit geraumer Zeit ist eine Debatte darüber entbrannt, wie die Politik für mehr Wettbewerb im von E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW dominierten Strommarkt sorgen kann. Auch bei einem Ausstieg vom Atomausstieg, der immer ernster in Erwägung gezogen wird, würden die Preise wahrscheinlich sinken.

Für alle Anleger, die kein Risiko eingehen wollen, hat die Österreichische Volksbanken AG vor rund einem Jahr zwei Garantie-Zertifikate auf den in Leipzig gehandelten Phelix-Strom-Future auf den Markt gebracht (ISINs AT000B053749; AT000B054093). Die Partizipationsrate nach oben beträgt zwar jeweils nur 90 Prozent. Dennoch haben die beiden Papiere mit Zugewinnen von mehr als 35 Prozent deutlich besser abgeschnitten als der Strom-Tracker. Für Neueinsteiger eignen sich die beiden Zertifikate allerdings nicht mehr, da sich der Kapitalschutz von 100 Prozent am Laufzeitende nur auf den Nominalwert von 100 Euro bezieht – also auch hier mittlerweile (hohe) Verluste möglich sind.

ZJ-Fazit: Strom-Zertifikate lohnen sich nur dann, wenn die Energierohstoffe teuer bleiben, die Kohlendioxid-zertifikate auch in Zukunft restriktiv zugeteilt werden und die Liberalisierung des Strommarkts weiterhin keine Wirkung zeigt. Das sind ziemlich viele Unbekannte, mit denen sich Investoren bei Anlagen in die Elektrizität herumschlagen müssen. Man denke auch an die immer wiederkehrenden Vorwürfe, dass die Preise an den Strombörsen durch die Versorger getürkt werden. Wer langfristig von steigenden Energiepreisen profitieren will, setzt besser gleich auf Energierohstoffe wie Öl, Gas oder Kohle – am besten zusammengefasst in einem Basket oder Index, wie beim S&P GSCI Energy TR Index-Zertifikat von Goldman Sachs (ISIN DE000GS0CCS5). (Willi Weber)