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Journalisten im Pressezentrum der Olympischen Spiele in Peking. Nachdem die chinesischen Behörden die Einschränkung des Internetzugangs bekannt gegeben haben, hat auch der IOC seine früheren diesbezüglichen Zusagen relativiert.

Foto: AP/Oded Balilty

Der Chef der IOC-Pressekommission, Kevan Gosper, wollte die irritierende Debatte über die chinesische Zensur beenden. Im Pekinger Suisse-Hotel stand der großgewachsene Australier auf. Er versicherte auf einer Pressekonferenz in entschiedenem Ton, was ihm von chinesischer Seite zugesichert worden sei. Während der Olympischen Spiele werde es auf dem olympischen Gelände für Journalisten und Teilnehmer freien Zugang zum Internet geben. Damit sei das Thema Zensur für ihn erledigt. IOC-Präsident Jacques Rogge äußerte sich ein paar Tage später im April in Peking ähnlich: "Ich habe darauf bestanden, dass die Medien uneingeschränkten Zugang zum Internet bekommen werden."

Für das IOC schien alles klar. Für Pekings olympisches Organisationskommitee Bocog und für die im Hintergrund agierenden Sicherheitsbehörden fingen nach der letzten öffentlichen IOC-Vorbereitungssitzung die Verhandlungen aber wohl erst richtig an. Und natürlich hinter den Kulissen.

Ein sich nun - drei Monate später - "enttäuscht" gebender Gosper räumte am Mittwoch im exklusiven Interview mit Hongkongs South China Morning Post ein, dass alles anders gekommen sei, als er es angenommen hatte. Die chinesische Seite habe mit einigen IOC-Beamten, deren Namen Gosper nicht nannte, ausgehandelt, dass einige für sie "sensible Webseiten" blockiert blieben. "Ich bin enttäuscht, dass es keinen breiteren Internetzugang gibt. Aber ich kann nicht den Chinesen sagen, was sie tun sollen" , sagte er in dem Interview. Dann räumte er offen ein, Chinas Realpolitik unterschätzt zu haben: "Wir haben es hier mit einem kommunistischen Staat zu tun, der Zensur ausübt. Man erhält von ihnen das, von dem sie sagen, dass man es haben kann."

Zuvor hatte der IOC-Medienbeauftragte angedeutet, wie peinlich ihm das Ganze ist: Wenn sich Journalisten von seinen früheren Zusicherungen eines freien Internet-Zuganges nun in die Irre geleitet fühlten, "dann möchte ich mich dafür entschuldigen" . Damit reagierte der IOC-Beamte auf Proteste der internationalen Medien.

Blockierte Seiten

Sie hatten in ihren für chinesische Normalbürger nicht zugänglichen Pressezentren, wo ständig 5000 der insgesamt 21.600 beim IOC akkreditierten Journalisten arbeiten, festgestellt, dass Chinas breit ausgeübte Internet-Zensur auch in den Olympia-Einrichtungen gilt und sie in ihren Recherchen behindert. Betroffen von der Blockade sind eine Vielzahl chinesischer, aber auch anderer Websites, die der Pekinger Führung missfallen, von Amnesty International über vatikannahe Portale, die US- Seite Radio Free Asia bis zu Dissidentenseiten. Gesperrt sind auch die chinesischsprachigen Websites großer Nachrichtenportale von der BBC bis zur Deutschen Welle.

Pekinger Offizielle wollten die Internet-Zensur am Mittwoch nicht kommentieren. Bocog-Sprecher Sun Weide nahm nur zur blockierten Website der Meditationssekte Falungong Stellung, die in China als "kriminelle Organisation" verboten ist und deren Anhänger verfolgt werden. Die Regierung sehe Falun Gong als "bösen Kult" an, erklärte der auf kritische Fragen. Weiter sagte Sun: "Der Internet-Zugang ist ausreichend. Die Berichte über die Spiele sind nicht beeinträchtigt." (Johnny Erling aus Peking/DER STANDARD, Printausgabe, 31.7.2008)