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Der neue Trainer-Posten des Herrn Brückner beschäftigt Tschechien.

Foto: Lennon/Getty Images

Prag/Wien - "35 Jahre Trainer-Tätigkeit waren anstrengend. Nun will ich die unerträgliche Leichtigkeit des Seins auskosten", hatte Karel Brückner bei der offiziellen Bekanntgabe seines Rücktritts als tschechischer Teamchef Mitte Juni gesagt. Ob er gerade in Österreich diese Leichtigkeit findet, bezweifeln tschechische Medien. Tschechische Trainer und Fußball-Funktionäre begrüßen dagegen die Bestellung Brückners zum österreichischen Nationaltrainer. Viele trauen ihm sogar eine WM-Qualifikation zu.

Die Nachricht aus Österreich hat Tschechien überrascht, für manche eingeschlagen wie eine Bombe. Man hatte geglaubt, der 68-jährige werde sich zur Ruhe setzen. Warum Brückner, der in seinem Land wegen der Ähnlichkeit zum väterlichen Freund der Roman- und Filmfigur Winnetou auch "Klekih-petra" (Weißer Vater) genannt wird, sich wieder auf die Trainerbank setzt, darüber wird in Tschechien heftig spekuliert. Schließlich müsse er "außerordentliche Leistungen vollbringen", um sich gerade mit dem österreichischen Team für die WM 2010 zu qualifizieren.

Geld als entscheidender Faktor

Manche, so wie das Boulevard-Blatt "Aha!", unterstellen Brückner allein finanzielle Motive. Kolportiert wird eine Jahresgage von einer Million Euro. Damit verdiene er in Österreich fünfmal so viel wie in seiner Heimat. Andere sehen Idealismus. "Er muss das tun. Da kann nur seine Trainer-Leidenschaft etwas dafür. In Tschechien haben sie aufgehört, ihn zu achten, in Österreich schätzen sie ihn", sagt Jiri Kubicek, Funktionär aus Brückners Heimatgemeinde Olomouc (Olmütz). Olomouc liegt Wien übrigens näher als Prag: um rund 80 Kilometer.

Ein weiterer Grund könnte laut der Zeitung "Mlada fronta Dnes" der nicht gerade optimale Rückzug gewesen sein. Der Abgang nach dem überraschenden, enttäuschenden und tränenreichen Ausscheiden der Tschechen bei der EURO 2008 stellt Brückners eigentlich positive Bilanz in den Schatten. In Österreich ergebe sich "die letzte und die Lebenschance" für Brückner, meint ein Kommentator. Die österreichischen Fußballer werden zwar "unter dem europäischen Durchschnitt" angesiedelt. Sie seien aber auch jung, entwicklungsfähig, fleißig und arbeitsam. Sollten sich die österreichische Mannschaft für die WM qualifizieren, müsste Brückner jedenfalls "Metall für seine Verdienste bekommen".

"Brückner besser als Vorgänger"

Chancen auf die Weltmeisterschaft sieht auch der Brünner Trainer Petr Ulicny. "Sie können darauf setzen, dass die Österreicher zur WM fahren, weil Karel um eine Klasse besser als ihr vorheriger Coach ist." Unter Teamchef Josef Hickersberger hätten die Mannschaft "die schlechteste Serie seit dem Jahr 1945" gezeigt, so "Aha!". Im Gegensatz zu Ulicny sieht die Boulevardzeitung eine WM-Teilnahme nur schwer möglich. "Die Österreicher haben gar keine Klasse."

Die Entscheidung für Brückner sei richtig, meinen viele tschechische Experten, wie etwa Brückners Nachfolger, Tschechiens Teamchef Petr Rada oder auch der ehemalige Zenit St. Petersburg-Coach Vlastimil Petrzela: "Karel ist ein sehr qualitativer Trainer und er kann den Österreichern etwas geben."

Der grauhaarige Stratege sei zwar hervorragend, aber auch sehr eigenartig, meint ein Kommentator der Nachrichtenagentur CTK. Brückners Art, Journalisten auszuweichen, sich nicht um die öffentliche Meinung zu kümmern und moderne Methoden gering zu schätzen, habe man ihm in Tschechien durchgehen lassen. Aber ob das auch in Österreich funktioniere? "Ob er sich in Österreich ändert, steht genauso in den Sternen wie die Frage, ob er das 105. Team der Weltrangliste zur WM in Südafrika bringt", schreibt die Tageszeitung "Lidove noviny". "Aber eines ist klar: Die österreichischen Fans werden sich mit Brückner nicht langweilen." (APA)