Bild nicht mehr verfügbar.

Microsoft setzt alles daran, verlorenen Boden im Smartphone-Geschäft wiedergutzumachen.

Foto: AP

Das iPhone als Neuling im Rennen hat den Markt für mobile Betriebssystem aufgewirbelt. In Europa ist die Lage für Windows Mobile dabei noch stabiler als in den USA. Nach Aussage des Analysten Canalys lagen dort im vergangenen Weihnachtsgeschäft die Verkaufszahlen des iPhone klar vor den Geräten mit WM. Jetzt beginnt Microsoft mit dem Ringen um die Geräte im Privateinsatz. Seit letztem Jahr ist die WM-Version 6.0 auf dem Markt. Im Frühjahr dieses Jahres erschien – anstelle der bekannten Service Packs – die Nachfolgeversion 6.1. Für PDAs ist die Version Classic gedacht, auf Smartphones ohne Touchscreen wird die Version Standard installiert und Geräte mit Touchscreen werden mit Professional ausgerüstet.

Übersichtlichkeit und bunte E-Mails

Besonders in den Bereichen Übersichtlichkeit und Internet-Anwendungen sieht Microsoft die Bedürfnisse des Privatkunden. Der Heute-Bildschirm wurde so umgestaltet, dass auf Programme und Nachrichten schneller zugegriffen werden kann. Plugins wie etwa von Spb sollen überflüssig werden. Windows Live und mobiler Internet-Explorer lassen mehr Multimedia-Inhalte zu und E-Mails können jetzt auch im HTML-Format in allen Farben empfangen werden. Besonderes Augenmerk liegt auf der Stabilität des Betriebssystems. Viele Anwender von WM 5 klagen über Abstürze und spontane Batterieentleerungen – nichts für ungeduldige Privatkunden. Ursache sind oft Programme, die im Hintergrund laufen und Prozessorleistung und Akkukapazität fordern. Mit dem Taskmanager des WM 6 – vergleichbar der Taskleiste am PC – hat man zumindest dieses Problem besser im Blick.

Kontrolle und Sicherheit

Mit dem System Center Mobile Device Manager, der Active Sync ersetzt, schließt Microsoft eine große Lücke. Für IT-Abteilungen größerer Unternehmen stellen die Smartphones eine besondere Herausforderung in Hinsicht auf Konfiguration, Backup und Datensicherheit dar. Bislang ist der BlackBerry technisch die bessere Lösung. "Mit dem Mobile Device Manager hat die IT jetzt fest das Händchen auf den mobilen Geräten", sagt Doris Lösel von der Agentur Weber Shandwick für Microsoft Deutschland. Remote-Konfiguration, Software-Installation oder das Löschen sensibler Daten auf einem verlorenen Gerät ist mit der Software ebenso möglich, wie das Einrichten bestimmter Profile beispielsweise das automatische Ausschalten der Handykamera in bestimmten Mobilfunkzellen, um sensible Firmenbereiche zu schützen. Auf der Grundlage des Mobile Device Managers ist es sogar möglich, die enge Verbindung zu Exchange-Servern aufzubrechen und Daten auch mit Lotus Domino/Notes-Systemen auszutauschen. Push-E-Mail ist aber nur mit einem Exchange-Server möglich.

Telefonie über integriertes WLAN

Obwohl die meisten Handyanbieter inzwischen begrenzte Null-Euro-Verbindungspreise anbieten, ist das Telefonieren über das Internet (VoIP) eine verlockende Alternative – vor allem für internationale Gespräche. Und was würde sich besser dafür eignen, einen Hotspot für VoIP-Gespräche zu nutzen als ein Smartphone mit integrierter WLAN-Schnittstelle. WM 6 bietet die technischen Möglichkeiten dazu; es ist aber Sache der Telefonanbieter und Gerätehersteller, diese Funktion zu aktivieren. HP hat seinen Voice Messenger mit VoIP-Funktion ausgestattet – leider nur eines von wenigen Geräten.

VoIP über SIP

Zum Glück für diejenigen, die Internet-Telefonie am Smartphone nutzen möchten, ist WM offen für Anwendungen von Drittanbietern. Entwickler können so beispielsweise basierend auf SIP (Session Initiation Protocol) VoIP-Tools für das mobile Betriebssystem entwickeln. VoIP via SIP ermöglichen zum Beispiel die Freeware-Programme SJphone oder Pocket Talk. Auch Skype- oder Google-Talk-Clients gibt es für Smartphones.

Der Umstieg ist keine freie Entscheidung

Einer der Vorteile von WM 6 liegt in der weitreichenden Software-Präsenz von Microsoft. Wer seine Excel-, Word- und PowerPoint-Dokumente am Handy bearbeiten möchte – wenn auch mit gewissen Abstrichen an die Funktionalität –, wird um WM nicht herumkommen. Aber kaum ein Anbieter kann sich aussuchen, welche Version des Betriebssystems auf seinem Gerät läuft. Die Telefonanbieter und Hersteller passen das System an, indem Sie Features hinzufügen oder sperren. Sie sind auch dafür zuständig, ob und wann ältere Geräte upgedated werden. Theoretisch läuft WM 6 auch auf allen Geräten, auf denen WM 5 im Einsatz ist.

Der Kampf hat gerade erst begonnen

Der Weg Richtung Privatkunde soll auch mit der nächsten Version 7 weitergehen. Ob das Release noch in diesem Herbst kommt, ist ungewiss. Sicher ist aber, das Microsoft alles daran setzt, verlorenen Boden im Smartphone-Geschäft wiedergutzumachen. (Markus Drenckhan)