Wien - Rene N. betritt bleich und wie ferngesteuert den Gerichtssaal. "Was machen Sie denn jetzt?", fragt ihn Richterin Beate Matschnig. "Mich vom Arzt runterdosieren lassen und psychotherapeutische Gespräche beginnen", ist die Perspektive des 20-Jährigen. "Er will einen Schlussstrich ziehen", ergänzt auch sein Verteidiger Gert Czermak. "Er ist bereit, ein neues Leben zu beginnen." Renes bisheriges Leben hatte vor allem mit Stefanie E. zu tun.

"Aufg'husst"

Seine Lebensgefährtin habe ihn "drei bis viermal die Woche mit anderen Männern betrogen", ist Renes Version. Sie habe ihn "extrem geschimpft und aufg'husst", da habe er einmal einen Kurzschluss gehabt und sie gegen die Wand gedrückt. "Watschen" habe er ihr aber keine gegeben und sie auch nie getreten, beteuert er. Auch das andere, was ihm Stefanie vorwirft, bestreitet er vehement: dass er sie zur Prostitution gezwungen habe. Auf Drogen waren beide, als sie sich vor ein paar Jahren kennenlernten.

"Ja, so ungefähr", bestätigt Stefanie. Aber er habe sie "in den Drogensumpf reingezogen und hat mir zum ersten Mal die Nadel g'setzt", beteuert sie. Später begannen beide ein Substitutionsprogramm - doch er habe sie gezwungen, die Kapseln nach der Einnahme in der Apotheke wieder auszuspucken und zu injizieren. Rene habe sie auf den Straßenstrich geschickt, sagt Stefanie weiter aus, und er habe ihr das ganze Geld abgenommen. Als Geheimprostituierte hatte sie allerdings auch schon vorher Strafen zahlen müssen. Später habe Rene ihr vorgeschlagen: "Schatzi, wie schaut's aus? Mein Vater hat einen Sadomasoklub, da brauchst nicht so viel zu machen, und es is' sicherer."

"Der normale Satz"

Stefanie mietete sich dort ein, Renes Vater habe ihr von den 140 Euro, die sie pro Stunde bekam, 70 abgenommen. Was aber "der normale Satz und nicht übertrieben" sei, bestätigt auch die Richterin. Eine ehemalige Kollegin Stefanies erklärt überdies, dass sie pro Kunde nur 40 bis 60 Euro Miete bezahlt habe. Stefanie habe ihr Leid getan, sie habe an den Unterarmen immer Pflaster picken gehabt. Die Kollegin hörte aber auch Telefonate, bei denen Stefanie von sich aus Rene aufforderte, er solle "alles vorbereiten" - für die Injektion. Den Rest der Einnahmen aus dem Sadomasoklub habe ihr Rene abgenommen, so Stefanie weiter. Habe sie zuwenig gebracht, habe er sie geschlagen und getreten.

"Ich bin eigentlich nicht so ein Frauenschläger", beteuert Rene. Nur ein einziges Mal habe er ein Blackout gehabt. Richterin Matschnig verurteilt ihn wegen Körperverletzung zu acht Wochen bedingter Freiheitsstrafe. Und was den Rest betrifft: "Ich weiß nicht wie's war", daher ein Freispruch im Zweifel. Rene bekommt eine allerletzte Chance: Matschnig verpflichtet ihn zu einer Drogentherapie mit psychotherapeutischen Gesprächen. "Sie wissen", ermahnt sie ihn noch: "Wenn Sie die Therapie nicht einhalten, müssen sie die Strafe verbüßen" - inklusive der Vorstrafen, die Rene mitbrachte. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 26./27.7.2008)