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Karel Brückner

Foto: APA/GERRY PENNY

Nein, Karel Brückner ist kein Slowake. Er ist ein Mährer. Da aber die nationale Trennschärfe mit dem Quadrat der Entfernung vom Schauplatz abnimmt, darf er in Wien als einer durchgehen, der er ja tatsächlich einmal gewesen ist: als Tschechoslowake.

Und wer die Vorgaben zur Teamchefsuche - deutsche Sprache bevorzugt, keine "Rücksichtl"-Pflicht aufs Faulbett heimischer Ballesterei - mit den Geburtsjahren der Sucher - ÖFB-Chef Friedrich Stickler (1949), Bundesliga-Präsident Martin Pucher (1956) - multipliziert, erhält als Resultat eine gehörig sentimentale Melange, die den Namen Leopold Stastný trägt. Das war in den Siebzigern jener Pressburger Teamchef, der als einziger nach dem Krieg den österreichischen Fußball insgesamt umgekrempelt hat.

Genau diese Arbeit wird nun wohl auch vom Olmützer Karel Brückner verlangt werden. Und wahrscheinlich braucht es auch einen solchen Mann, um die in allen Sonntagsreden beschworenen Strukturveränderungen (integrierte Nachwuchspflege, Forcierung der individuellen Betreuung) in die Tat umzusetzen.

Dass Brückner das kann - also gut, seien wir ehrlich: könnte - liegt auf der Hand. Der am 13. November 1939 in Olmütz auf die Welt Gekommene und über Sigma Olmütz und Banik Ostrau in die Welt des Fußballs Hineingeratene ist mit allen Trainerwassern gewaschen. Er coachte Vereine (von Olmütz über Brünn bis zu Inter Bratislava) genauso wie Auswahlteams, und da junge (Tschechiens U 23 und U 21) ebenso wie reife.

Das tschechische Team übernahm er 2001 und führte es nicht nur zur WM 2006 und zu den Europameisterschaften 2004 und 2008, sondern auch auf Rang zwei der Fifa-Rangliste. Schon vor der jüngsten EM erklärte er aber: "Nach 34 Jahren als Trainer habe ich mich entschlossen, meine Art zu leben zu ändern." Jetzt kam dem der offenbar unwiderstehliche Ruf aus Wien dazwischen.

In Wien wird er, genauso wie in Prag, "Klekih-petra" geheißen. Karl May hat den Lehrer Winnetous so genannt. Auf "Apatschisch" heißt das, sagt man, "weißer Vater". Den Leopold Stastný haben sie "weißer Riese" genannt. Aber vielleicht war das bloß ein Missverständnis. Und eigentlich müsste es "weiser Riese" heißen. Und jetzt eben "weiser Vater". Der kann geduldig sein wie jeder andere Vater auch. Aber hin und wieder soll ihm der diesbezügliche Faden auch reißen.

Auf genau diesen Moment dürfen - oder eigentlich: müssen - Österreichs Teamaficionados sich freuen.(Wolfgang Weisgram, DER STANDARD Printausgabe 26.07.2008)