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Partizan-Belgrad-Fans am Dienstag. Karadžic war Psychiater für Roter Stern Belgrad

Eine serbisch-orthodoxe Ikone und einen Hugo-Boss-Anzug brachte Luka Karadžic seinem Bruder Radovan in das Gefängnis des Belgrader Sondergerichts. Nach dem Besuch erzählte er umringt von Journalisten, wie sich Radovan auf eigenen Wunsch die langen Haare schneiden und den Bart abrasieren ließ und nun ganz der Alte sei. Luka dementierte die Gerüchte, wonach Radovan Karadžic in Hungerstreik getreten sei. Er sei in bester physischer und psychischer Verfassung und folge einem speziellen Ernährungsplan. Er würde regelmäßig fasten, esse tagelang nur Früchte, trinke Wasser und sei Vegetarier geworden. Das würde ihm anscheinend guttun, denn er habe einige Kilo abgenommen.

Auch Svetozar Vujaèic, der Anwalt des wegen Kriegsverbrechen angeklagten ehemaligen Präsidenten der Republika Srpska, bestätigte, dass sich Karadžic wohl fühle und korrekt behandelt werde. Der Strafverteidiger sagte, dass Karadžic stolz auf alles sei, was er getan habe, weil er so das serbische Volk in Bosnien und Herzegowina gerettet hätte. Die Anklage beruhe auf Lügen, Karadžic sei nur angeklagt worden, weil er ein Serbe sei. Vujaèic bestand darauf, dass Karadžic schon am vergangenen Freitag verhaftet worden sei - nicht Montagnacht, wie es die serbischen Behörden behaupten.

Die Opposition kritisierte, dass Präsident Boris Tadic über alles informiert worden sei und deshalb der Parlamentspräsidentin zugeflüstert hätte, am Montagmorgen die Parlamentssitzung abzubrechen und auf zwei Wochen zu verschieben. Die offizielle Erklärung lautete, dass das Parlament wegen der tagelangen Obstruktion der Opposition die Arbeit vorübergehend einstelle. Die "Serbische Radikale Partei" (SRS), die über eine Million Stammwähler hat, droht nun mit Massenprotesten und "allen anderen demokratischen Mitteln" , um die "kriminelle" Regierung bis Jahresende zum Rücktritt zu zwingen. Die Regierung beschloss, die wegen der Anerkennung des Kosovo zurückbeorderten Botschafter wieder in EU-Staaten zu schicken.

Wunderheiler in Wien

Fast stündlich bringen serbische Medien neue Informationen über das geheime Leben von Karadžic. Zum Beispiel, wie er regelmäßig in der Kneipe Luda Kuca (Verrücktes Haus) in Neubelgrad unter seinem und dem Foto des ebenfalls gesuchten General Ratko Mladic gesessen ist. Angeblich hat er den Namen eines noch lebenden Mannes namens Dragan Dabic angenommen. Beim Wiener Kurier meldete sich ein burgenländisches Ehepaar, das ihn als Wunderheiler in Wien getroffen haben will. Er soll sich hier unter dem Namen Pera tageweise aufgehalten haben. Die Polizei bestätigt das nicht. (Andrej Ivanji aus Belgrad/DER STANDARD, Printausgabe, 25.7.2008)