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Bernhard Kohl (links) hielt sich nicht immer am Hinterrad des Luxemburgers Fränk Schleck. Das gelbe Trikot wurde von dessen CSC-Mannschaft aber zu gut beschützt.

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21 bildschöne Kehren führen rauf nach Alpe d'Huez.

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John-Lee Augustyn war als erster am Col de la Bonette, auf der Abfahrt machte der Südafrikaner einen Abgang ins Geröll. Ging glimpflich aus.

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Jausiers - Das rotgepunktete Bergtrikot der 95. Tour schmückt den Niederösterreicher Bernhard Kohl weiterhin. Am Dienstag, auf den 157 Kilometern zwischen Cuneo und Jausiers, war es ebenso nie gefährdet wie Kohls zweiter Platz. Das gelbe Trikot des Luxemburges Fränk Schleck allerdings auch nicht. Kohl wurde 1:28 Minuten hinter Sieger Cyril Dessel Zehnter, Schleck zeitgleich Zwölfter. Von den besten Sechs verloren der Russe Denis Mentschow (wenig) und der US-Amerikaner Christian Vandevelde (viel) Zeit.

Kohls Gerolsteiner-Team fuhr ein kluges Rennen. In jeder Fluchtgruppe war zumindest ein Schützling von Manager Hans-Michael Holczer vertreten, besonders hervor tat sich Stefan Schumacher. Der 27-Jährige kletterte solo zum Col de la Lombarde (2351 m) und räumte die Bergpunkte ab, auf dass niemand Kohls schickes Trikot gefährden konnte. Schumacher wurde erst kurz vor dem Dach der Tour, dem Col de la Bonette-Restefond (2802 m), gestellt.

Dahinter belauerten sich während des 26,7 Kilometer langen Anstieges die Favoriten. Kohl versuchte nur einmal zu attackieren, blieb aber gegen die Phalanx des Teams CSC - Spitzenreiter Fränk Schleck, dessen Bruder Andy, Carlos Sastre und Jens Voigt - chancenlos und konzentrierte sich dann auf die rasend gefährliche, 23,5 Kilometer lange Abfahrt hinunter ins Ziel nach Jausiers. Die trat der 26-Jährige mit einiger Wut im Bauch an, da auf der Passhöhe kein Gerolsteiner-Betreuer da war, der ihm eine Erfrischung hätte reichen können.

Glück im Unglück hatte der Südafrikaner John-Lee Augustyn. Der Barloworld-Fahrer war in der Abfahrt vom  Bonette über einen Abhang gestürzt, kam mit Prellungen aber relativ glimpflich davon. Unmittelbar davor hatte er den Pass  als Erster passiert.

Vater Christian Kohl erlebte seines Buben Ringen am Dienstag nicht an der Strecke mit. Er war wohlweislich gleich nach L'Alpe d'Huez gefahren, wo am Mittwoch zum insgesamt 26. Mal eine Etappe der Tour finalisiert wird. Diesmal nach 210,5 Kilometern und heftigem Aufwärmen über den Col du Galibier (2645 m) und den Col de la Croix de Fer (2067).

Seit 1952 gibt es auf 1850 Metern, gleich oberhalb des unhübschen Skiortes Alpe d'Huez im Departement Isère in den französischen Nordalpen, Bergankünfte. Erster Schnellster auf den legendären 21 Kehren, die nach dem Ort Le Bourg-d'Oisans fast 1100 Höhenmeter hinaufführen, war der Italiener Fausto Coppi. Erst 24 Jahre später kam die Tour wieder hierher, um dann beständig an der Legende L'Alpe d'Huez zu stricken.

Inzwischen verwandelt sich der 13,8 Kilometer lange und durchschnittlich acht Prozent steile Anstieg, wann immer er auf dem Speisezettel der Radprofis steht, quasi zum größten Stadion der Welt mit bis zu einer Million Menschen auf den, nun ja, Rängen.

Reiz der Unmittelbarkeit

Die Unmittelbarkeit, mit der hier Radsport erlebt werden kann, macht einen Großteil der Bedeutung von L'Alpe d'Huez aus. Dafür nehmen die Fans die Anreise lange vor Eintreffen der Tour und die Abreise lange nachdem diese wieder entschwunden ist, auf sich. Entschieden wurde die Rundfahrt auf ihrem berühmtesten Anstieg selten. Ein Indiz dafür: nur zwei L'Alpe d'Huez-Sieger standen wenige Tage später auch in Paris ganz oben auf dem Podest - 1952 eben Coppi sowie 2001 und 2004 (nach einem Bergzeitfahren) der US-Amerikaner Lance Armstrong.

Die 21 Kehren sind übrigens mit Schildern geschmückt, auf denen die Namen der Etappensieger verewigt sind. Nachdem es seit 2001 mehr Sieger als Kehren gibt, werden die Schilder nun nach und nach mit jeweils einem zweiten Namen versehen. Coppi und Armstrong, nur zum Beispiel, teilen sich das Schild in Kehre 21. Der Name des Siegers vom Mittwoch wird in Kehre 17 zu lesen sein, in Gesellschaft des Namenszuges Joaquim Agostinho. Der Portugiese triumphierte 1979. (lü - DER STANDARD PRINTAUSGABE 23.7. 2008)

Ergebnis 16. Etappe, Cuneo - Jausiers (157 km): 1. Cyril Dessel (FRA) AG2R 4:31:27 Std. (Schnitt 34,70 km/h) - 2. Sandy Casar (FRA) Francaise des Jeux - 3. David Arroyo (ESP) Caisse d'Epargne, beide gl. Zeit - 4. Jaroslaw Popowitsch (UKR) Silence-Lotto +0:03 Min. - 5. George Hincapie (USA) Columbia +0:24 - 6. Nicolas Portal (FRA) Caisse d'Epargne - 7. Tadey Valjavec (SLO) AG2R, beide gl. Zeit - 8. Stefan Schumacher (GER) Gerolsteiner 1:03 - 9. Andy Schleck (LUX) CSC 1:28 - 10. Bernhard Kohl (AUT) Gerolsteiner - 11. Cadel Evans (AUS) Silence-Lotto - 12. Fränk Schleck (LUX) CSC - 13. Alejandro Valverde (ESP) Caisse d'Epargne - 14. Damiano Cunego (ITA) Lampre - 15. Carlos Sastre (ESP) CSC, alle gl. Zeit. Weiter: 21. Denis Mentschow (RUS) Rabobank 2:03 - 26. Christian Vandevelde (USA) Garmin 4:04...104. Bernhard Eisel (AUT) Columbia +31:56 Min.