Nach ÖVP-General Hannes Missethon zerpflücken auch liberale schwarze Regierungsmitglieder die Wohnpolitik von SPÖ-Chef Werner Faymann als Stadtrat - obwohl manchen "Ausländer-Quoten" für Bezirke "zu weit" gehen.

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Wien - Ausländer-Quoten für Bezirke? "Das geht zu weit. Denn man muss die Dinge zur Kenntnis nehmen, wie sie sind und jetzt das Beste daraus machen." Johannes Hahn, Wissenschaftsminister und Wiens ÖVP-Chef, kann dem Vorschlag seines Parteikollegen Hannes Missethon wenig abgewinnen.

Im Standard ist der Generalsekretär am Montag über die "Ghettobildung" während der Ära von Werner Faymann als Wiener Wohnbaustadtrat, jetzt Spitzenkandidat der SPÖ, hergezogen und hat Ausländer-Quoten für Bezirke als "eine Diskussion wert" qualifiziert. Hahn will das Wort "Ausländer-Ghetto" gar nicht in den Mund nehmen. "Man kann es positiver formulieren: Es gibt ethnische Enklaven in der Stadt" , sagt er. Quoten kann sich Hahn nur für Kindergruppen und Schulklassen vorstellen - "der Anteil der Kinder, die schlecht Deutsch können, soll ein Drittel nicht übersteigen - und ich sage bewusst nicht ,Quoten für Kinder mit Migrationshintergrund‘."

In der Sache attackiert der schwarze Minister aber nun ebenfalls den roten Kanzlerkandidaten. "Für die problematische Wohnsituation" in Wien sei Faymann "verantwortlich", als ehemaliger "Herr über ein Drittel des Wohnbestandes" : Er habe es verabsäumt, Geld in die Revitalisierung von Gründerzeit-Vierteln zu stecken, damit es "zur Verteilung von ethnischen Gruppen über das Stadtgebiet" komme. Stattdessen gäbe es dort heute "eine hohe Konzentration von Türken, die in Substandardwohnungen leben" - was für sie "ja auch nicht human" sei und für "soziale Probleme" sorge.

Die Integrationsbeauftragte der ÖVP, StaatssekretärinChristine Marek, hat im Gegensatz zu Hahn keine Probleme von"Ghettos" zu sprechen:"Die sind in Wien Tatsache. Ich wohne im 15.Bezirk und weiß, wovon ich rede", sagt sie. Umsiedlungen zu fordern, "wäre aber naiv, die städtischen Wohnungen müssten mit viel mehr Augenmaß vergeben werden". Denn die "Ghettobildung würde den Migranten "nicht helfen. Dann ist ja auch der Ausländeranteil in den Schulen extrem hoch."

In der SPÖ reagierten bisher nur die Wiener empört auf Missethon."Knapp einDrittel der Wiener, also 500.000 Menschen, lebt in städtischenWohnanlagen" , rechnet der heutige Wohnbaustadtrat Michael Ludwig vor.Ein Drittel dieser Wohnungen sei derzeit an Personen mit Migrationshintergrund vermietet. Ludwig folgert daraus:"Damit entspricht dieser Anteil exakt jenem an der Wiener Bevölkerung." ImGegensatz zu "anderen Metropolen, wie Paris" gebe es keine "no go-areas".

Die grüne Menschenrechtssprecherin Brigid Weinzinger erklärte, Missethon besorge "das Geschäft von Strache und Haider". (von Peter Mayr und Nina Weißensteiner/DER STANDARD, Printausgabe, 23.7.2008)