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Obama über Bagdad: Der US-Präsidentschaftkandidat mit dem Oberbefehlshaber der US-Truppen im Irak, David Petraeus. Obama trat im Irak weiter für einen US-Truppenabzug ein.

Foto: Getty/Lorie Jewell

Seine Tour durch den Nahen Osten führte den demokratischen Präsidentschaftskandidat am Dienstag in die irakische Provinz Anbar, einst die Hochburg des Widerstandes. Barack Obama traf sich dort mit Vertretern der Sahwa-Räte, der sunnitischen Bürgerwehren, die in den vergangenen zwei Jahren zusammen mit US-Truppen erfolgreich gegen Al-Kaida gekämpft haben. Danach reiste er zu Gesprächen nach Amman weiter.


Bei seinen Treffen am Vortag in Bagdad hatte sich eine Übereinstimmung zwischen Obamas Truppenrückzugsplänen und den Vorstellungen der irakischen Regierung gezeigt. Obama will die Mehrheit der Soldaten innerhalb von 16 Monaten nach seinem eventuellen Amtsantritt abziehen. Ein irakischer Regierungssprecher bemühte sich aber, klarzustellen, dass die Übereinstimmung in diesem Punkt nicht als Unterstützung für Obama gedeutet werden dürfe.


Mit seiner kritischen Haltung zum Irakkrieg und seinem Eintreten für einen Abzug der US-Soldaten hat Obama in der arabischen Welt bisher gepunktet. Mit seinen Äußerungen zum israelisch-palästinensischen Konflikt - der zweiten Messlatte für seine Beliebtheitswerte - hat er aber für Enttäuschung gesorgt.


Im Juni hatte Obama seine Unterstützung für Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt Israels ausgedrückt. Inzwischen hat er diesen Satz als schlecht formuliert bezeichnet und hinzugefügt, dass der Status von Jerusalem in Verhandlungen geklärt werden muss. Aber die Skepsis bleibt. Viele arabische Kommentatoren weisen nun darauf hin, dass Obama jüdische Wähler hofieren müsse.

 


Obama hält noch Wahlreden und macht keine Politik, betonte der ägyptische Politologe Hassan Nafaa in einer Kolumne. Die Autoren des Bestsellers "The Israel Lobby and the U.S. Foreign Policy" sagten aber vor hunderten Zuhörern bei einer Veranstaltung in Doha, dass jeder US-Präsident in der Frage des israelisch-palästinensischen Konfliktes nur einen sehr beschränkten Spielraum habe.


Obama werde sich von der Israel-Lobby an die Leine nehmen lassen, gaben sich John Mearsheimer und Stephen Walt überzeugt. Falls es unter einem Präsidenten Obama eine Änderung in der Nahost-Politik gebe, werde sie sehr limitiert sein, befand auch der Kommentator einer saudischen Zeitung.


In einer Meinungsumfrage des Pew-Forschungszentrums über die künftige US-Politik gehörten die Antworten in Ägypten, Jordanien und dem Libanon dann auch weltweit zu den pessimistischsten. Die Mehrheit der Befragten vertraut weder Obama noch seinem republikanischen Gegner John McCain. Etwa ein Drittel ging davon aus, dass sich die US-Politik im Nahen Osten sogar verschlechtern würde.


Sympathie bei den Jungen


Auf der persönlichen Ebene ist das Bild ein ganz anderes. In der arabischen Welt schwingt dem Senator aus Illinois vor allem bei den Jungen eine Sympathiewelle entgegen. Er verkörpert den amerikanischen Traum, weil er schon heute mehr erreicht hat, als viele ihm zugetraut haben. Aus seinem Mittelnamen Hussein und seinen Erfahrungen in Indonesien wird geschlossen, dass er der islamischen Welt mehr Verständnis entgegenbringen könnte. Wenn er auch die Nahostpolitik nicht radikal ändern kann, so wird von ihm doch erwartet, dass er einen andern Stil mit mehr Dialog und weniger Konfrontation pflegen wird. (Astrid Frefel aus Kairo/DER STANDARD, Printausgabe, 23.7.2008)