Wien - Mehdi A. begrüßt höflich das Gericht - es tue ihm leid, dass er allen hier Anwesenden so viel Mühe bereite. Was er getan hat, tue ihm auch leid - bis zu einem gewissen Grad. Er habe "in höchst emotionalem Sinne versucht, meine Familie wieder zusammenzuführen". Und er habe immer "eine sehr gute und enge Familienbeziehung gehabt", beteuert der 38-jährige Arzt aus dem Iran.
Für seine Frau Parastoo war die Beziehung mehr als "eng" - sie flog 2007 mit ihrem Sohn von Teheran zu ihren beiden Schwestern nach Wien. Nach seiner Darstellung woll_te sie für ihn ein geplantes Studium vorbereiten - laut ihrer Aussage ist sie geflohen, weil er sexsüchtig gewesen sei und sie jahrelang geschlagen haben soll, wenn sie sich ihm verweigerte. Nach der Geburt des Sohnes sei es noch schlimmer geworden, da habe er auch das Kind geschlagen, um sie zu unterwerfen.

Schmuck und ein Auto


Doch der Kontakt riss nicht ab. Zweimal reiste auch Mehdi A. nach Wien, um seine Frau zur Rückkehr zu bewegen. Sie trafen einander immer wieder; er schenkte ihr auch Schmuck, kaufte ihr sogar ein Auto. Aber zurück zu ihm wollte sie nicht mehr.


Bis sie dann am 27. Februar dieses Jahres gemeinsam einkaufen gingen: die Eltern und der Sohn in Begleitung einer Schwester. Mehdi A. nützte einen unbeobachteten Moment und verschwand mit dem Kind aus dem Einkaufszentrum.


Danach begann das, was Staatsanwältin Ursula Schmudermayer eine "perfide Masche" nennt: Mehdi A. rief immer wieder bei seiner Frau an, sagte einmal, er sei in Dubai, dann, er sei in Deutschland oder in der iranischen Botschaft in Prag, in Italien oder in Graz. Und immer wieder drohte er, das Kind und sich selbst umzubringen, wenn sie nicht mit ihm in den Iran zurückkehre.
Tatsächlich war der Vater mit dem Sohn erst nach Graz und dann nach Frankfurt am Main gefahren, wo er das Kind bei einem Imam unterbrachte. Erst als Parastoo zum Schein auf seine Forderungen einging, kehrte Mehdi A. allein nach_Wien zurück. Sie stieg sogar ins Taxi ein - doch die Polizei war längst alarmiert. Der Wagen wurde auf der Westautobahn gestoppt und Mehdi A. festgenommen.
Dass er mit Mord gedroht habe, bestreitet der Angeklagte. Seinem Sohn sei es stets gut gegangen, er habe die ganze Zeit gespielt. Doch während zweier Telefonate hörte bereits die Polizei mit - und vernahm das Weinen des Kindes, das nach seiner Mutter schrie.


Mehdi A. wurde vom Schwurgericht unter dem Vorsitz von Sonja Weis wegen erpresserischer Entführung zu 30 Monaten teilbedingter Haft verurteilt (zehn Monate unbedingt). Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD - Printausgabe, 23. Juli 2008)