In einem medizinischen Notfall geht es oft um Minuten. Das Gesundheitsportal LifeSensor bietet eine Lösung, bei der via Smartphone Notfalldaten schnell abgerufen werden können.

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"Wann wurden Sie das letzte Mal gegen Tetanus geimpft? Wann wurde Ihre Lunge das letzte Mal geröntgt?" Nur wenige Menschen, die einen Arzt aufsuchen, können auf Fragen wie diese aus dem Stegreif und präzise antworten. Will der Arzt weiter wissen, ob und welche Medikamente der Patient denn bisher gegen seine Beschwerden genommen habe, sind Antworten wie "ich nehme morgens immer so eine weiße, längliche Tablette wegen meines Blutdrucks" nicht selten.

Problem

Bei diesem Problem möchte die persönliche elektronische Gesundheitsakte, mittels der vorhandene medizinische Daten abgerufen, vernetzt und jederzeit zur Verfügung gestellt werden, ansetzen. Ansätze dazu gibt es viele. Etwa das Google Health oder das Microsoft Health-Vault-Projekt, deren Angebote derzeit allerdings auf den US-Markt zugeschnitten sind. Oder Elga, das Projekt des österreichischen Gesundheitsministeriums, das nach Scheitern der Gesundheitsreform voraussichtlich noch länger als bis 2012 nicht umgesetzt werden dürfte. "Elga ist ein unausgegorenes Konzept, bei dem vieles noch nicht geklärt ist, etwa, wer auf die Daten zugreifen darf", sagt Bernhard Voita, Österreich-Geschäftsführer von InterComponentWare (ICW).

Kritik

Die Kritik ist nicht ganz uneigennützig, denn Voitas Unternehmen ist Anbieter der persönlichen elektronischen Gesundheitsakte LifeSensor. Mit dieser soll der Nutzer auf seine wichtigen Gesundheitsdaten - etwa Kinderkrankheiten, Impftermine oder Medikamentenunverträglichkeiten - rund um die Uhr online zugreifen können. 6000 Kunden und rund 300 Ärzte in Österreich nutzen laut Voita den Service bereits.

Eindeutiges Zugriffsrecht

"Bei uns steht der Aktenbesitzer im Mittelpunkt: Er, und nur er, bestimmt, wer in welche Akte Einsicht nehmen darf und ob zum Beispiel sein Hausarzt Daten in seine persönliche Akte stellen kann", erläutert der E-Health-Spezialist. Der Arzt kann dabei die relevanten Informationen direkt aus seinem Praxiscomputer in die Gesundheitsakte übertragen. Oder das Labor stellt dem Patienten die Ergebnisse der Blutuntersuchung auf dessen persönliche Seite im LifeSensor-Internetportal zu. Auch kann der Nutzer eigene Notizen über Krankheitsverlauf, Allergien, Medikamente speichern oder sich an den nächsten Arzttermin erinnern lassen.

Doch nicht das Sammeln medizinischer Daten allein soll die persönliche E-Health-Akte bewerkstelligen. Sie soll auch der Prophylaxe dienen. Als Beispiel dazu nennt Voita ein Projekt, das ICW gemeinsam mit der Uniqa-Versicherung seit Jahren betreibt. Bluthochdruck-Patienten übermitteln dabei ihre Messwerte (die Messgeräte sind mit einem Bluetooth-Chip zur drahtlosen Übertragung ausgestattet) automatisch an das Uniqa Medical Center, wo sie von einem Ärzteteam eingesehen werden. Bei Auffälligkeiten wird der Versicherte telefonisch kontaktiert, beraten und bei Bedarf an seinen behandelnden Arzt zur Therapieanpassung verwiesen.

Im Herbst soll LifeSensor um einen Diabetesassistenten erweitert werden, mit dessen Hilfe Diabetiker ihre Blutzuckerwerte vom Messgerät aus elektronisch in ihre Akte übertragen können.

Gesundheits-Tamagotchi

Noch nicht ganz marktreif ist ein "Gesundheits-Tamagotchi", das alle Leute, die sich zu wenig bewegen, dazu animieren soll. Das kleine Gerät ist mit Sensoren ausgestattet, die die Bewegungsabläufe in vier Punkte messen und umrechnen. Wer sich über einen bestimmten Zeitraum hinweg ausreichend bewegt, wird mit einem breiten Smiley-Lächeln belohnt. "Dies könnte zum Beispiel für übergewichtige Kinder ein Anreiz sein, sich mehr zu bewegen", sagt Voita. Die nächste Generation soll um einen Kalorienverbrauchszähler ergänzt werden.

Notfall

Für das Apple iPhone und einige andere Mobiltelefone hat ICW eine Notfalldaten-Lösung entwickelt. Die von einem Arzt erstellten und auf LifeSensor gespeicherten Daten können etwa bei einem Unfall von einem Notarzt über den Internetbrowser abgerufen werden. Da die Applikation ins Handy integriert ist, sind die Daten auch ohne Netzverbindung einsichtbar.

Gebühren

Bei Gebühren von 60 Euro pro Jahr ist LifeSensor derzeit noch nicht das große Geschäft, gibt Voita zu. Er hofft aber, dass in den nächsten drei Jahren, zehn Prozent der Österreicher, den Service nutzen werden. (Karin Tzschentke/ DER STANDARD Printausgaben, 22.07.2008)