Am 20. Dezember 2007 traten Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Polen, Litauen, Lettland und Estland sowie Malta dem Schengen-Grenzabkommen bei, das offene Grenzübergänge ohne Passkontrollen vorsieht.

Österreich wurde damit von der aufwändigen und teuren Überwachung einiger Schengen-Außengrenzen entbunden. Die für Österreich letzten Schengen-Grenzen mit der Schweiz könnten noch heuer fallen, jene mit Liechtenstein 2009.

Während Prominenz aus Regierung, Nachbarstaaten und EU-Kommission kurz vor Weihnachten die Grenzbalken zersägten, hielten sich die Landeshauptleute merklich zurück: Burgenlands Hans Niessl gab bekannt, den Feierlichkeiten fernzubleiben, und Niederösterreichs Erwin Pröll forderte "doppelte Sicherheitsgurte" (Polizei und Bundesheer).

Nach einem halben Jahr offener Ost-Grenzen lautet die erste Bilanz: Die Angst war unbegründet. Im ersten Halbjahr 2008 ging im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2007 die Kriminalität um 5,9Prozent zurück (der Standard berichtete).

Dabei bewährt sich offenbar das elektronische Fahndungssystem, das entsprechende Daten aller Mitgliedstaaten miteinander verknüpft: Österreich hat in 653 Fällen von anderen Staaten ausgeschriebene Personen oder Gegenstände aufgegriffen. 1828 Treffer sind in den neuen Schengen-Ländern aufgrund österreichischer Fahndungen erzielt worden.

Die skeptischen Landeshauptleute hat das aber nur zum Teil überzeugen können: Während ein Sprecher von Erwin Pröll von einer "erfreulichen Bilanz" spricht, heißt es im Büro von Hans Niessl, die Bilanz sei verzerrt und deswegen nicht aussagekräftig. In der Bilanz 2007 seien viele Delikte enthalten, die bei den Grenzkontrollen aufgedeckt wurden. Dies sei 2008 weggefallen, deswegen seien die Zahlen nicht vergleichbar, die Kriminalität abseits der Grenzen sei wohl kaum gefallen.

Der Einsatz des Bundesheeres an den Grenzen ("Schleierfahndung" ) wird vermutlich trotz der guten Bilanz weitergehen. Erst im Herbst werde evaluiert, aber man habe mit der Kooperation gute Erfahrungen gemacht und wolle darauf nicht verzichten, sagte eine Sprecherin von Innenministerin Maria Fekter.

In der EU-Kommission ist man davon "überrascht" . Da es sich aber bei den Tätigkeiten des Bundesheeres nicht um direkte Grenzkontrollen handelt, sei dies wie alle sicherheitsrelevanten Fragen einzig Sache des Mitgliedstaates.

Letzteres ist auch Antwort auf eine stets wiederkehrende absurde Behauptung in Internetforen und Leserbriefen, der Reformvertrag erlaube die Tötung von Demonstranten. Das ist schlicht Unsinn, einen entsprechenden Passus gibt es nicht, er würde dem EU-Recht wie auch jenem Österreichs und dem Geist der EU widersprechen. (Michael Moravec aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2008)