Fabres rätselhafter Blues für eine Tänzerin: die kroatische Größe Ivana Joziæ.

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Die Beach Boys haben es schon getan. Jetzt macht es auch Jan Fabre. Das 50-jährige belgische Multitalent, das man in Österreich vor allem als Choreograf und spätestens seit den vorjährigen Salzburger Festspielen auch als bildenden Künstler kennt (Ausstellung im Rupertinum), antwortet auf einen traurigen Countrysong von Bobby Gentry, Ode to Billy Joe.

Der schnörkellose Blues, mit dem die US-amerikanische Sängerin 1967 ihren größten Hit landete, handelt von einem Mädchen, das beim Abendessen mit ihrer Familie ganz beiläufig vom Selbstmord ihres - geheimen - Freundes erfährt. Er hatte sich, nach einer rätselhaft bleibenden Begegnung mit ihr bei der legendär gewordenen Tallahatchie-Brücke, von ebendieser gestürzt. Warum? Der dunkle Sprechgesang behält es für sich. Man spekuliert.

Die Beach Boys komponierten postwendend eine Ode to Betty Joe. Jan Fabre nun, der beim ImPulsTanz-Festival hiermit eine Österreich-Premiere liefert, verpackt die Geschichte als Brief eines Mannes an seine große Liebe. Das darf man als Plädoyer für die Liebe, für die Liebe im Verborgenen und generell für selbstbestimmte Lebensformen (inkludiert sind Sterbensformen) lesen, wohl in Anspielung auch auf eine filmische Interpretation des Liedes, in der Billy Joe homosexuell ist und an den Vorurteilen seiner Umgebung zerbricht.

Als Titel wählte Fabre, der sich spätestens seit seiner Mittelalter-Autopsie Je suis sang (2001) auf Countrymusik versteht (Son Of A Preacherman), die mysteriöse Auftaktzeile: Another Sleepy, Dusty, Delta Day. Und es tanzt eine, die man im Schmerzenssolo schon einmal gesehen hat: die kroatische Performerin Ivana Joziæ. Sie trat in Jan Fabres Angel Of Death (2003) dem auf Leinwand erscheinenden Todesengel William Forsythe auf der Bühne entgegen. Diesmal verantwortet die charismatische Tänzerin auch die Choreografie mit.

Es sei ein "sehr persönlicher Text" geworden, gesteht Jan Fabre, der seine Karriere mit Aufsehen erregenden Aktionen in den 70er-Jahren startete. Damals hat er etwa das Eintrittsgeld seines Publikums verbrannt und mit der Asche Bilder gezeichnet. In seiner Antwerpener Basisstation Troubleyn arbeitet er, wie er sagt, rund um die Uhr. "Ich bin immer nervös" , so der Allroundkünstler, der Body-Art und Performance erstmals als 18-Jähriger in der Malerei der sogenannten "Flämischen Primitiven" entdeckte. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD/Printausgabe, 21.07.2008)