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Foto: APA/ Emmanuel Dunand

Daegu - Nach dem verheerenden Brandanschlag auf eine U-Bahn in Südkorea haben Medien und Angehörige der Todesopfer gegen die Betreiber schwere Vorwürfe wegen Schlamperei erhoben. Nach Medienberichten vom Mittwoch fehlten in dem Bahnhof in Daegu, in dem am Vortag mindestens 125 Menschen verbrannten, selbst einfachste Schutzvorkehrungen wie Wassersprinkler. Zudem reagierte der Bahnbetreiber offenbar zu spät auf den Brand.

Automatisch Strom abgestellt

Experten kritisierten, dass in der U-Bahnstation nach Ausbruch des Brandes automatisch der Strom abgeschaltet wurde. Dies bedeutete für die meisten Insassen den Tod, da die Türen sich nicht mehr öffnen ließen und sie nicht aus den Waggons fliehen konnten. In der Dunkelheit auf dem Bahnsteig fanden zudem viele Opfer nicht zum Ausgang. Experten kritisierten, dass eine zweite Bahn nicht an der Einfahrt in die brennende Station gehindert wurde. Sie hielt neben dem brennenden Zug und wurde ebenfalls vom Feuer erfasst.

Betreiber hätten Zeit gehabt zweiten Zug zu stoppen

Fragen bestehen demnach auch hinsichtlich der zweiten Bahn, die neben dem brennenden Zug in der Station zum Stehen kam und ebenfalls vom Feuer erfasst wurde. Der U-Bahn-Betreiber hätte ausreichend Zeit gehabt, den Zug noch vor dem Brandherd zu stoppen, hieß es.

Kommunikation zusammengebrochen

Aus Behördenkreisen verlautete, das Kommunikationssystem sei am Dienstag zusammengebrochen, so dass der zweite Zug nicht vor der Einfahrt in den brennenden Bahnhof gewarnt werden konnte.

"Die Bahnhofsleitung sagte mir, ich solle wegen eines Unfalls Acht geben", sagte der Fahrer des zweiten Zuges den Ermittlern. "Ich wusste nicht, dass es sich um einen Brand handelt." Kritik übten die Medien aber auch an seinem Verhalten: Der Zugführer habe mehr als zehn Minuten abgewartet, bevor er einige Türen manuell geöffnet habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Bahn aber bereits von giftigen Rauchschwaden eingehüllt gewesen. Andere Türen wurden überhaupt nicht geöffnet. Den Berichten zufolge kamen die meisten der Opfer in diesem zweiten Zug ums Leben.

Falsche Materialien verwendet

Nach südkoreanischen Medienberichten waren in dem U-Bahnhof keine Wassersprinkler installiert. Für viele Gegenstände in der Garnitur seien Materialien verwendet worden, die in der Hitze giftige Gase bildeten. Experten kritisierten weiter, dass in dem Zug nach Beginn des Brandes automatisch der Strom abgeschaltet wurde. Das habe für die meisten Insassen den Tod bedeutet, da sie nicht aus den Waggons fliehen konnten.

Identifizierung nur durch DNA-Analyse

Die südkoreanischen Behörden sahen sich mit etwa 200 wütenden Angehörigen konfrontiert, die eine schnellere Identifizierung der Opfer verlangten. "Lieber Gott, findet meine geliebte Tochter", rief eine Mutter beim Anblick der vollkommen ausgebrannten Waggonwracks. Von den 125 geborgenen Toten konnten nach Angaben des Bürgermeister von Daegu, Cho Hae Nyong, bis Mittwoch weniger als ein Drittel identifiziert werden.

Die bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Überreste von knapp 100 weiteren Opfern müssten mittels DNA-Analysen identifiziert werden. Das Stadtoberhaupt ging davon aus, dass die Opferzahl nicht mehr erheblich steigen würde. Auf der Liste der Vermissten standen zwar noch 314 Namen. Diese Zahl sei jedoch mit Vorsicht zu bewerten, da die meisten der als vermisst Gemeldeten wahrscheinlich nichts mit dem Unglück zu tun hätten.

Brandstifter hatte nach verlorenen Job keinen Sinn mehr

Der 56-jährige mutmaßliche Brandstifter gestand nach Polizeiangaben seine Tat. "Er sagte, dass er im Leben keinen Sinn mehr sah", erklärte ein Ermittler.

Er habe sich selbst in Brand setzen wollen und möglichst viele Menschen mit in den Tod nehmen wollen. Sein Sohn sagte der Exekutive, der frühere Taxifahrer habe nach einem Schlaganfall seinen Job verloren und danach häufig über Selbstmord gesprochen.

Der offenbar geistig verwirrte Mann hatte nach Augenzeugenberichten die Brandkatastrophe ausgelöst, in dem er Benzin in einen Waggon spritzte und mit einem Feuerzeug entzündete. Fahrgäste versuchten vergeblich, ihn zu überwältigen.

Die Flammen und meterhoher giftiger Qualm versperrten den Meisten den Fluchtweg.

Trauerzeit

Alarmiert von dem Brandanschlag, ordneten die Behörden in Seoul, Tokio und Taipei eine Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen in den städtischen U-Bahnen an. Die Stadtverwaltung von Daegu erklärte die nächsten fünf Tage ab Donnerstag zur offiziellen Trauerzeit. Blumensträuße erinnerten am Schauplatz der Katastrophe an die Opfer.

(APA)