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Foto: Reuters/Ho

Paris - Terror-Alarm am Londoner Flughafen Heathrow, Pleite der zweitgrößten französischen Fluggesellschaft Air Lib, deutlicher Rückgang der Passagierzahlen auf deutschen Flughäfen - die Negativschlagzeilen aus der Luftfahrt-Branche reißen nicht ab. Der europäische Flugzeugbauer Airbus verzeichnete im vergangenen Jahr einen Verfall der Auftragseingänge von mehr als 50 auf weniger als 20 Mrd. Euro. Als schmerzlich könnte sich für Airbus und den US-Konkurrenten Boeing der Beginn eines Krieges am Golf erweisen. Die Branche hat sich noch immer nicht vom Schock des 11. September 2001 erholt. Und den Airbus-Mutterkonzern EADS dürfte es im Ernstfall härter erwischen als Boeing - denn die Amerikaner sind weit stärker im Rüstungsgeschäft engagiert.

Eigentlich wollte der EADS-Konzern, in dem vor gut zwei Jahren auch Airbus aufging, seine neuesten Geschäftszahlen erst in der zweiten Märzwoche veröffentlichen. Aber in der Luftfahrt-Branche flattern die Nerven. So bereiteten die beiden Ko-Präsidenten Rainer Hertrich und Philippe Camus das Publikum schon einmal darauf vor, dass derzeit keine brillianten Zahlen zu erwarten sind. Der EADS-Umsatz ging im abgelaufenen Jahr um drei Prozent zurück. Hertrich gestand, es werde für EADS sehr schwierig sein, im Jahr 2003 die angestrebte Marke von 300 ausgelieferten Maschinen zu erreichen.

Tiefe Depression

Ein mehrmonatiger Golfkrieg würde die zivile Luftfahrt in eine tiefe Depression stürzen. Anders als beim Kosovo- und beim Afghanistan-Krieg gäbe es sowohl bei den Fluggast-Zahlen als auch bei den Flugkosten dramatische Auswirkungen. Schon seit Wochen wird auf den Erdöl-Märkten ein vorweggenommener "Kriegsaufschlag" gezahlt, der mit Beginn der Kampfhandlungen nochmals nach oben schnellen würde. Und Kerosin schlägt bei den Fluggesellschaften als zweithöchster Ausgabenposten zu Buche.

Schon beim Golfkrieg 1991 gab es bei Flugreisen einen drastischen Rückgang. Millionen Touristen schoben geplante Urlaubsreisen auf - oder verzichteten ganz darauf. Die jetzige Lage sei jedoch "bei weitem schwieriger" als vor zwölf Jahren, sagt James Beer, der europäische Vize-Präsident der ins Trudeln geratenen American Airlines. Damals habe der Krieg "am Ende einer recht soliden Wachstumsphase" begonnen, "während die Unternehmen nun bereits erhebliche Verluste verzeichnen". Die beiden US-Gesellschaften United Airlines und US Airways haben sich, um dem endgültigen Aus vorzubeugen, unter den Schutz der Insolvenzbestimmungen in den USA begeben.

2003 wird "extrem schwieriges" Jahr

Der französische Airbus-Chef Noel Forgeard warnte schon im Jänner, 2003 werde sich als "extrem schwieriges" Jahr erweisen. Die Auswirkungen eines Irak-Krieges auf den Geschäftsverlauf könnten nur dann überschaubar bleiben, wenn der Krieg "früh im Jahr beginnt und nur kurze Zeit dauert". Während der EADS-Konzern mit seinen rund 104.000 Beschäftigten zu vier Fünfteln von der zivilen Luftfahrt lebt, verzeichnet Boeing mehr als die Hälfte seines Umsatzes in Raumfahrt- und Rüstungsindustrie. Bei einem Krieg würden die US-Streitkräfte auch Kampfflugzeuge der Typen F-15 und F-18 sowie Transportflugzeuge vom Typ C-17 einsetzen, die aus den Boeing-Werkstätten stammen.

Sollten sich die transatlantischen politischen Spannungen, die in der Irak-Krise aufgekommen sind, verstärken, sind weitere Turbulenzen nicht ausgeschlossen. Vom 15. bis 22. Juni soll in Le Bourget bei Paris der 45. Luft- und Raumfahrtsalon stattfinden. Vor zwei Jahren wurden bei dieser Fachmesse Geschäfte für mehr als 50 Mrd. Euro abgeschlossen. Nun haben Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses zum Boykott aufgerufen, weil Frankreich gegen den Kriegskurs der US-Regierung Widerstand leistet. Noch wird die Gefahr in Paris nicht allzu ernst genommen. Zwangsmaßnahmen von US-Airlines gegen Airbus jedenfalls könnten nur begrenzt Schaden anrichten, sagt ein Kenner der Szene. Dafür seien sie "viel zu schlecht in Form".(APA)