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Schloss Runkelstein wurde 1237 erbaut, von Kaiser Franz Josefs Lieblingsarchitekten renoviert und ging schließlich als Geschenk in den Besitz der Gemeinde Bozen über.

Ulysses, 2008 [Ulyss]
Drum kit, score, video camera, recording devies, headphones
Courtesy the artist
Foto: Othmar Seehauser

Foto: Othmar Seehauser

"Der im Museion ausgestellte gekreuzigte Frosch von Martin Kippenberger ist weder beleidigend noch respektlos. Er wirft nur Fragen auf ...", war von Armin Gatterer, dem Direktor der Kulturabteilung der Südtiroler Landesregierung, zu hören. Gegenfrage: Was ist eigentlich mit Bozen los? Das gerade erst eröffnetes Museum für Gegenwartskunst kann offensichtlich nur der Auftakt zu einem Kultursommer ohne Brauchtumsanleihen gewesen sein. Am 19. Juli wird hier die Manifesta 7, eine europäische Biennale zeitgenössischer Kunst, beginnen und Südtirol bis zum November 2008 mit über 400 Konzeptkünstlern konfrontieren. Das sind fast doppelt so viele wie auf der letzten Biennale von Venedig und der Documenta zusammen.

Ausufern in den Weinbergen

Keine Sorge, es ist alles in Ordnung in Bozen. Denn eigentlich sind das ja nach wie vor besiedelte Weinberge mit 100.000 Bewohnern und fünf Stadtteilen, die immer wieder versuchen, auszuufern und ein wenig von den Rebenböden einzuheimsen. Was nicht nur teuer, sondern glücklicherweise fast unmöglich ist, denn die Weinbauern lieben ihren Job und ihr Land und verteidigen jeden Zentimeter, auch wenn er an den steilen Hängen mühsam zu bepflanzen ist und emsiger Handarbeit bedarf.

Gerade durch diesen Kontrast aber kommt es zu jenem ganz eigenen Flair von 1000 Jahren Reichtum durch Handel und Wein, zu dieser erspürbaren Geschichts_trächtigkeit, dieser sichtbaren Lässigkeit, dieser Eleganz zwischen altem Gemäuer und neuer Lässigkeit. Sogar Kaiser Franz Josef soll hier etwas lockerer gewesen sein. Jedenfalls war er ungewöhnlich großzügig und ließ zum Schloss Runkelstein nicht nur einen Pfad anlegen, sondern dieses Kleinod, 1237 erbaut, von seinem Lieblingsarchitekten Schmidt renovieren und schenkte es dann der Gemeinde Bozen. Dieses Schloss mit dem Märchennamen muss man übrigens unbedingt besuchen, schon wegen der Fresken, die zu den ersten zählten, die das Leben ohne kirchlichen Hintergrund oder frommes Thema zeigten, und den Historikern wertvolle Informationen über die damalige Mode gaben.

Sonst ist aber fast nichts dringend in Bozen und Umgebung. Man kann, wenn man will: Man kann die Berge rundum besteigen oder, etwas bequemer, zum Beispiel mit der hoffentlich bald wieder funktionierenden Seilbahn (die Wiedereröffnung ist für Herbst 2008 geplant) auf den Ritten nach Oberbozen schweben, dann zehn Minuten nach Klobenstein rattern und von dort aus die berühmten Erdpyramiden, eine seltsame Laune der Natur, besuchen. Man kann sich dort oben auf den verschiedensten Wanderwegen wunderbar herumtreiben, mit Aussicht auf die Dolomiten mit dem sagenhaften Rosengarten.

Etwas ist dort oben dann aber doch dringend nötig: Einkehren beim Baumann, wo einem die herrlichsten Schlutzkrapfen, Apfelküchel, Ripperln und Strauben in endlosen Abfolgen herausgebacken werden. In einer Buschenschank mit Traumaussicht, aber unter lauernder Völlereigefahr.

Märkte mit Originalen

Man kann aber auch einfach durch die Arkaden und Gässchen von Bozen schlendern, sich hier einen Espresso, dort einen Aperol gönnen, vielleicht bei den Fischbänken, wo das Original Cobo witzige selbst gezeichnete Reiseführer verkauft. Oder man schlendert zum Obstmarkt, der ist jedenfalls auch ein Jahrmarkt der Eitelkeiten. Irgendwie wirken hier nämlich alle (Einheimischen) elegant, selbst ältere Männer auf dem Fahrrad im Silberblouson. Wie die das machen, bleibt wohl ewig ein Rätsel: In Wien würde man den Mann _sicher als Mistkübelstierler oder Fetzenmarkt-Kunden verdächtigen, hier hat man Achtung vor seinem Modemut.

Wer das alles besonders stilvoll und trotzdem locker angehen möchte, der quartiert sich im Parkhotel Laurin ein, dem „besten am Platz", solide, gediegen, mit perfekter Sommerfrische-Architektur. Vielleicht kommt man auch wegen des romantischen Parks mit Gly_cinien-Lauben und Meranerröschen-Gebüsch - sicher jedenfalls wegen der grandiosen Küche unter der Leitung von Egon Heiss.
Schon wegen der phänomenalen Bar wird man auch einfach mal nur vorbeischauen wollen, wo man einfach herumlümmeln kann, von Barkeepern freundschaftlich umhegt - und von den Holztäfelungen der hohen Räume mit Jugendstil-Fresken-Fries eingerahmt.

Oder man ist bereits Stammgast beim Freitags-Jazz, bei dem sich internationale Größen in Bozen nun auch akustisch ins Zeug legen. (Elisabeth Hewson/DER STANDARD/Printausgabe/12./13.7.2008)