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Dieter Kranzlmüller (39).

STANDARD: Die Auswertung der beim Experiment gewonnenen Daten wäre ohne Grid nicht möglich. Was kann man sich darunter vorstellen?

Kranzlmüller: Die IT-Infrastruktur hinter dem Projekt. Forscher am Cern machen ihre Experimente, die resultierenden Daten werden jedoch von Experten rund um den Globus ausgewertet. Wir geben diesen Experten also das Werkzeug an die Hand, um mit ihrer gigantischen Datenfülle etwas anfangen zu können. Das Grid ermöglicht ein transparentes, nicht lokalisiertes Arbeiten mit den Daten.

STANDARD: Und wie ist diese IT- Infrastruktur strukturiert?

Kranzlmüller: Im Prinzip ist es eine Zusammenschaltung von Rechenleistungen. Für das derzeit weltweit größte Grid, in das die Daten des Large Hadron Colliders (LHC) eingespeist werden, stellen an 250 Orten Computer 24 Stunden am Tag Speicherkapazität und Rechenleistung zur Verfügung. In Österreich, wo das Grid für die EU koordiniert wird, stehen solche Rechner etwa in Wien, Linz und Innsbruck. Alles zusammengenommen, stehen für den LHC damit 35.000 CPUs, also Rechenknoten, zur Verfügung.

STANDARD: Wieso koordiniert Österreich das europäische Grid für den LHC und andere Experimente?

Kranzlmüller: Österreich hatte von jeher die Rolle des Vermittlers. Wir koordinieren das langfristige Szenario für die gesamte Grid-Infrastruktur. Hier geht es ja nicht nur um den LHC, in der European Grid Initiative, die ich koordiniere, geht es darum, eine Strategie zu entwickeln, Fortschritte in diesem Bereich zu bündeln, nötige Finanzen aufzutreiben und die Einzelprojekte entsprechend einzubinden. Dabei sind natürlich nationale Interessen zu berücksichtigen, weil das Grid ja nicht nur im Bereich Grundlagenforschung sondern auch in Zusammenhang mit angewandter Forschung zum Einsatz kommt und daher auch wirtschaftlich interessant ist. Hier sind also ökonomische, politische und wissenschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Im Prinzip ist das, was wir machen, Forschungspolitik.

STANDARD: Wie viel Geld ist da drin?

Kranzlmüller: Von der EU hat Österreich bisher mehr als fünf Millionen Euro für Grid-Forschung erhalten. Daneben aber auch noch nationale Förderung vom Wissenschaftsministerium: Für 2004 bis 2007 waren das 2,7 Millionen, und als man gesehen hat, welches Potenzial in dieser Technologie liegt, wurde die laufende Förderung seitens des Ministeriums auf sieben Millionen Euro erhöht. Bei den gesamteuropäischen Mitteln muss man ebenfalls zwischen EU-Geldern und nationalen Förderungen unterscheiden. In Summe liegen die jährlichen Gelder für Grid Computing in der EU sicher bei mehreren hundert Millionen Euro. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.7.2008)