Brüssel - Um Schadensbegrenzung hat sich die EU-Kommission nach der scharfen Kritik des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac an der "zu pro-amerikanischen" Haltung der Beitrittsländer im Irak-Konflikt bemüht. "Die Erweiterung ist eine historische Aufgabe und ein Versprechen, das wir einlösen müssen", betonte der Sprecher von EU-Kommissionspräsident Romano Prodi am Dienstag in Brüssel. "Wir sind zuversichtlich, dass der Beitrittsvertrag plangemäß von beiden Seiten unterzeichnet wird und wie vorgesehen in Kraft tritt", sagte Jonathan Faull vor der internationalen Presse. Die Beitrittsgesuche Rumäniens und Bulgariens würden gemäß den Fortschritten der beiden Kandidaten behandelt.

Faull verteidigte auch Aussagen Prodis, dass die EU wesentlich mehr als ein "Binnenmarkt" sei. Die Kandidatenländer müssten verstehen, dass auch die politische Union und eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik dazu gehörten. Eine Mitgliedschaft in der EU bedeute auch die Übernahme von Pflichten und Verantwortungen. Wichtig sei, dass sowohl die alten wie die künftigen Mitglieder verstünden, was bei dem Sondergipfel zum Irak am Montag geschehen sei: Die EU sei in einer schweren internationalen Krise wieder vereint, nachdem verschiedene Ländergruppen in den vergangenen Wochen unterschiedliche Positionen bezogen hätten.

EU-Reaktionen auf Chirac-Sager

"Chirac hat gesagt, was auch in anderen Hauptstädten gedacht wird", meinte ein EU-Diplomat am Dienstag. Die Kandidatenländer sähen die USA als ihre Befreier vom Kommunismus an. In der EU gebe es Ärger darüber, dass die USA und einige EU-Staaten die Kandidaten missbraucht hätten, um Deutschland und Frankreich zu isolieren.

"Die freie Meinungsäußerung ist eine Grundfreiheit in der EU", sagte der griechische Ministerpräsident und amtierende Vorsitzende des Europäischen Rates, Costas Simitis, auf Fragen, wie er zur Kritik des französischen Präsidenten Jacques Chirac vom Montagabend an den Kandidatenländern stehe. Wie jeder Vertreter jedes Staates könne Chirac "natürlich seine Meinung äußern".

Wichtig sei nur, gemeinsam Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Dem sei man heute wieder einen Schritt näher, da sich die 13 Kandidatenländer, inklusive der Türkei, Rumänien und Bulgarien, mit dem Inhalt der Irak-Erklärung der EU vom Montag Abend und mit der Irak-Erklärung der Außenminister vom 27. Jänner einverstanden erklärt haben.

Blair nahm die Kandidatenländer gegen Chiracs Kritik in Schutz. Er hätte die Kandidaten gerne auf dem Gipfel am Montag gesehen, sagte er in London und wies Chiracs Warnungen vor einer Verzögerung des Beitritts zurück. "Ich hoffe, dass niemand davon ausgeht, dass sie irgendetwas anderes als volle Mitglieder der Europäischen Union sein sollten." Die Kandidaten müssten ihre Meinung offen sagen können. Zugleich mahnte er erneut enge transatlantische Beziehungen an. "Wer Amerika und Europa auseinander reißen will, spielt das gefährlichste Spiel in den internationalen Beziehungen, das ich kenne." (APA)