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Cannes - Der Handy-Hersteller Sony Ericsson erwartet "nach zwei bis drei Jahren flacher Entwicklung" wieder ein Wachstum am Mobilfunkgerätemarkt. Insgesamt, so die Schätzung, die der geschäftsführende Vizepräsident von Sony Ericsson, Jan Wareby, am Montagabend vor Journalisten bestätigte, sollen heuer weltweit rund 435 Mio. Handys verkauft werden, um rund 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr.

Gleichzeitig rechnet das schwedisch-japanische Gemeinschaftsunternehmen in diesem Jahr mit einem Rückgang der durchschnittlichen Verkaufspreise um mehr als zehn Prozent. Sein neues UMTS-Handy, das Sony Ericsson im zweiten Quartal auf den Markt bringen will, soll in etwa so viel kosten, wie das derzeit teuerste GSM-Modell (P800) im Portfolio, sagte Wareby auf der weltgrößten Mobilfunkmesse in Cannes. In Österreich liegt der empfohlene ungestützte Verkaufspreis für das P800 bei 889 Euro.

Auf den Markt kommen soll das neue UMTS-Handy von Sony Ericsson im zweiten Halbjahr 2003. Allerdings: "Die neuen Geräte werden nicht am 1. Juli in den Regalen stehen", betonte Wareby. Stattdessen setzt das Unternehmen auf Kooperationen mit den Netzbetreibern und will die Geräte im Zuge der UMTS-Starts der Betreiber mit einführen.

Die dritte Mobilfunkgeneration soll nach Ansicht von Sony Ericsson vor allem drei Bereiche erschließen: Imaging (sprich Fotografieren und Bilder versenden via Handy), Unterhaltung (Spiele, Klingeltöne, Musik) und Connectivity (die Interaktion des Handys mit anderen Geräten, etwa dem PC). Die Angebote, meint Wareby, müssen aber bereits vor dem Start von UMTS verfügbar sein, damit sich die Kunden daran gewöhnen.

Für die Entwicklung von Business-Lösungen ist das Unternehmen nun eine Kooperation mit dem weltgrößten Computerkonzern IBM eingegangen. Außerdem hat Sony Ericsson eine Visual Basic-Plattform entwickelt, künftig können damit auch Microsoft Windows-Anwendungen auf den Handys abgespielt werden.

Was das Betriebssystem der neuen Handys betrifft, setzt Sony Ericsson aber auf Symbian, eine Software, an der neben Sony Ericsson auch Nokia, Motorola, Siemens sowie seit kurzem auch Sendo und Samsung mitwirken. Um die Entwicklung von Symbian schneller voranzutreiben, haben Sony Ericsson und Nokia am Montag eine Entwickler-Plattform präsentiert, mit der Programmierer angelockt werden sollen.

Neuer Chairman von Sony Ericsson wird mit hoher Wahrscheinlichkeit übrigens Carl-Henrik Svanberg. Er soll in dieser Funktion dem bald 60-jährigen Kurt Hellström nachfolgen, nachdem er letzeren bereits Anfang des Monats an der Spitze des Ericsson-Konzerns abgelöst hatte.

Motorola: erst 2004

Der nach Nokia weltweit zweitgrößte Handyhersteller Motorola glaubt nicht mehr an eine Erholung am Mobilfunkmarkt noch in diesem Jahr. Zwar geht Motorola, wie alle anderen Handyerzeuger, heuer von einem Anstieg der verkauften Mobiltelefone "um 5 bis 10 Prozent auf 430 bis 440 Millionen" aus. Allein im ersten Quartal sollen 90 bis 95 Mio. Geräte verkauft werden. Das Wachstum am Mobilfunkmarkt insgesamt werde sich aber heuer erneut um 6 bis 12 Prozent verlangsamen. Eine Erholung sei erst 2004 in Sicht, sagte Motorola-Vizepräsident Adrian Nemcek am Montagabend auf der weltgrößten Mobilfunkmesse "3GSM World Congress" in Cannes vor Journalisten.

Langfristig hingegen zeigt sich Motorola optimistischer als die Konkurrenz. Während Nokia bis zum Ende des Jahrzehnt von weltweit zwei Milliarden Handy-Telefonieren ausgeht, werden es nach Ansicht von Motorola bis dahin deutlich mehr als zwei Milliarden sein.

Der Grund für die verspätete Erholung: Die dritte Mobilfunkgeneration UMTS wird heuer zwar "Realität", läuft aber erst langsam an. "UMTS passiert nicht so schnell, wie alle erwartet haben", sagte Tom Lynch, ebenfalls Vizepräsident bei Motorola. Dennoch: "Es passiert", betonte Lynch.

Motorola hat als weltweit erstes Unternehmen bereits im Vorjahr ein UMTS-Handy präsentiert. Bis Jahresende soll es von Motorola drei UMTS-Modelle geben.

Was das Betriebssystem der neuen Endgeräte betrifft, baut Motorola dabei auf eine offene Plattform. An der Hersteller-übergreifenden Software Symbian wirkt Motorola zwar mit, dennoch setzt der Konzern bei seinen neuen Geräten auf Java und Linux. Eine offene Plattform erlaube eine flexible und rasche Entwicklung. Motorola könne außerdem die Programmierung auslagern und spare sich damit ein großes Team, betonte Scott Durchslag von Motorola.

Der US-Konzern ist am Handy-Markt derzeit führend in den USA und in China und will diese Position im heurigen Jahr trotzt steigender Konkurrenz verteidigen. In den anderen Ländern, vor allem in Europa, hofft Motorola auf eine Stärkung der Position. Im Netzwerkbereich liegt Motorola derzeit deutlich abgeschlagen hinter dem Marktführer Ericsson. Ziel ist es hier, dahinter auf Platz Zwei vorzustoßen und diesen Platz zu untermauern.

Chancen sieht Motorola dabei nicht nur in UMTS, sondern auch in der Vorstufe EDGE (Enhanced Data Rate for GSM Evolution). EDGE sei für alle interessant, die keine UMTS-Lizenz hätten oder vor technischen Hürden stünden und trotzdem UMTS-ähnliche Dienste anbieten wollen. Sony Ericsson plant den Verkaufsstart seines ersten Edge-Geräts, einer PC-Karte, im dritten Quartal. Motorola wird sein erstes EDGE-Handy im vierten Quartal in den USA auf den Markt bringen. In Europa soll das Gerät dann ab dem zweiten Quartal 2004 erhältlich sein. (APA)