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Wien - Grobe Sicherheitsmängel seien auf Österreichs Eisenbahnnetz zu erwarten, wenn mit 15. März die Liberalisierung des europäischen Schienengüterverkehrs in Kraft tritt, warnt die Eisenbahnergewerkschaft. Die Eisenbahnverkehrsordnung, die Verkehrsminister Mathias Reichhold (F) - er zieht heute Bilanz seiner einjährigen Ministertätigkeit - demnächst an das Parlament schicken werde, habe bloß den Namen, lasse aber wesentliche Rahmenbedingungen für die Sicherheit des Eisenbahnverkehrs außer Acht. "Der Minister kommt seiner Aufsichtspflicht nicht nach und schiebt die persönliche Haftung, wenn etwas passiert, allein dem Betriebsleiter einer Bahn zu", sagte der Chef der Eisenbahnergewerkschaft, Wilhelm Haberzettl.

Haberzettl zeigt auf, wo er in der Verordnung 25 Tage vor Liberalisierungsbeginn aus seiner Sicht Unterlassungsmängel ortet. Es gebe keine Ausbildungsrichtlinie für Eisenbahner im europaweiten Einsatz und dazu auch keine Ausbildungs- oder Nachweispflicht für Lokführer. Deutschland habe mit 1. Februar 2003 den "Lokführerschein" verbindlich eingeführt, andere Länder würden dem folgen. Österreich wolle erst mit Deutschland wegen einer gegenseitigen Anerkennung verhandeln, wobei Deutschland eine sechsmonatige Übergangsfrist eingeräumt habe.

Bestimmungen über Lenk- und Ruhezeiten fehlen

Fehlen würden in der Reichhold-Verordnung auch Bestimmungen über Lenk- und Ruhezeiten im grenzüberschreitenden Personaleinsatz der Eisenbahner sowie Kontrollmöglichkeiten dazu. Im Argen seien weiters technische Spezifikationen für Waggons und Lokomotiven sowie den Oberbau. Die EU-Richtlinie sehe beispielsweise Achsabstände von 4,20 m vor, während bei den ÖBB 4,70 m gelten. Bei der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG (HL-AG) seien derzeit aus diesem Grund einige Neubaulose stillgelegt.

Auch für die Neuerteilung von Eisenbahnkonzessionen in Österreich fehlten klare gesetzliche Rahmenbedingungen, sodass Konzessionsvergaben vom Gutdünken des jeweiligen Beamten im Ministerium abhingen. Dabei bräuchte das Verkehrsministerium bloß die einheitlichen Spielregeln im Internet zu publizieren.

"Untätigkeit des Verkehrsministers"

"Die Untätigkeit des Verkehrsministers bei der Vorbereitung auf die Bahnliberalisierung wird die Ursache sein, dass es spätestens ab 15. März auf dem österreichischen Schienennetz grobe Sicherheitsmängel geben wird", sagte Haberzettl. Schon jetzt seien auf den österreichischen Gleisen ausländische Privatbahnen unter Missachtung österreichischer Gesetze und Sicherheitsbestimmungen unterwegs. In Zukunft werde dies "zum ministeriell beglaubigten Regelfall".

"Der Verkehrsminister sollte heute nicht ein Jahr Reichhold feiern, sondern endlich den bereits am 9. September des Vorjahres angekündigten Rücktritt vollziehen", so Haberzettl. (APA)