Denver/Colorado - 32 führende Wissenschaftsmagazine haben beschlossen, künftig jene Beiträge zu zensurieren, die ihrer Meinung nach die nationale Sicherheit beeinträchtigen. Der wissenschaftliche Verdienst werde in diesem Fall außer Acht gelassen. Das gemeinsame Statement wurde auf dem Jahrestreffen der American Association for the Advancement of Science (AAAS) veröffentlicht. Es ist dies einer der ersten konkreten Schritte, der nach der hitzigen Debatte, wie die Ethik der Offenheit im Gleichgewicht gehalten werden kann, gesetzt wird. Nach den Anthrax-Fällen 2001 häuften sich vor allem die Bedenken der amerikanischen Regierung über das Risiko von "guter" Forschung in den "falschen" Händen. Die Wissenschaftsmagazine werden ihr Konzept in den kommenden Ausgaben erörtern.

Sowohl die Herausgeber namhafter Magazine wie Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Science, Nature und Neuron als auch Autoren rufen bei der Publikation der Forschungsberichte in den Magazinen zur Wachsamkeit und zur Selbstverantwortung auf, wenn eine potenziell "gefährliche" Forschung für eine Publikation vorgelegt wird. Prominente Wissenschaftler halten die neue Politik für einen bedeutenden Schritt - in die falsche Richtung. Editoren hätten keine Möglichkeit zu evaluieren, welche Information mehr Schaden als Gutes anrichte. "Die Aufgabe von Fachblättern ist es, die wissenschaftliche Qualität zu beurteilen und nicht als Zensoren zu fungieren bzw. Entscheidungen zu treffen, die eher politischer als wissenschaftlicher Natur sind", kritisiert Stanley Falkow, Mikrobiologe an der Stanford University. Bioterrorismus sei zwar eine ernsthafte Bedrohung, aber ein Ja zu Restriktionen in der Veröffentlichung von Ergebnissen sei der falsche Ansatz. "Wissen, nicht Ignoranz ist eine gute Verteidigung", so Falkow.

Einer der größten Befürworter des Konzeptes ist der Präsident der American Society of Microbiology und Herausgeber von CRC Critical Reviews in Microbiology Ronald Atlas. Er sagte: "Ich will nicht für den Tod von US-Bürgern und sonst jemandem verantwortlich sein.". Über die praktische Auswirkung der neuen Publikationsstrategie, d.h. welche Ergebnisse veröffentlicht werden und welche nicht, ist man sich noch uneinig. Es könnte z.B. ein "Ja" bei der Synthese des Polioviruses aus gewöhnlichen Substanzen bedeuten. Ein "Nein" liegt bei der Veröffentlichung von Ergebnissen, die zeigen, wie Anthrax scharf gemacht wird, nahe. (pte)