In einigen Ländern Europas kann inzwischen fast jeder jeden heiraten, unabhängig vom Geschlecht. In den Niederlanden gibt es längst Lesben-Ehen mit Kindern mit und ohne Vater, schwule Paare, die Kinder im Ausland adoptiert haben, und solche, die sie aus Hetero-Ehen mitgebracht haben. In Kürze wird dies auch in Belgien möglich. Bleibt also nur noch eine Gruppe, die diskriminiert wird: Singles.

Einzelpersonen können zwar auch heiraten, aber dann sind sie ja keine Singles mehr. Zum Glück gibt es die Niederlande, die nie um ein soziales Experiment verlegen sind. Nun hat in Haarlem, bei Amsterdam, eine allein stehende Frau auch die Single-Heirat durchgesetzt. Wen sie heiratet? Sich selbst natürlich.

Leicht ist ihr das nicht gefallen, aber auch Heteros, Schwule und Lesben machen es sich ja nicht leicht, bevor sie sich zu diesem Gang aufraffen. Wo sie mögliche Skepsis eines Partners überwinden müssen, musste Jennifer Hoes (29) nur sich selbst überreden. Nur? Sie sei jahrelang mit sich uneins gewesen, ihr "sachliches Ich" habe mit ihrem "emotionalen Ich" gerungen.

Als der Konflikt endlich ausgetragen war und sich Jennifer mit sich selbst versöhnt hatte, beschloss sie, mit sich vor den Altar zu treten. Eine Freundin half ihr, die Festivitäten vorzubereiten. Ein Foto in der Lokalzeitung zeigt sie im weißen Brautkleid, strahlend, wenn auch ohne Bräutigam beziehungsweise Braut. Der Kulturbeigeordnete der Stadt wird als Standesbeamter die Zeremonie durchführen, ins Standesamtsregister wolle er Jennifer aber nicht eintragen, sagte er.

Bis dass der Tod ...

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, fordert die Bibel, was voraussetzt, dass man sich erst einmal selbst liebt. So gesehen ist, was Jennifer da vorhat, eigentlich die Voraussetzung für jede gewöhnliche Heirat. "Du musst erst mit dir im Reinen sein, bevor du dich auf jemanden anderen einlässt", verkündete sie. "Scheiden lassen werde ich mich nicht von mir. Diese Verbindung dauert, bis dass der Tod uns scheidet."

Im Gegensatz zu Jennifers Solobund sollen gleichgeschlechtliche Ehen bald EU-weit anerkannt werden, zumindest wenn es nach dem Europaparlament geht. Sonst drohe nämlich ein rechtliches Chaos auf dem Binnenmarkt: Ein Belgier, der einen Deutschen heiratet, wäre dann nach belgischem Recht verheiratet, nach deutschem aber ledig. Die Folge wäre eine gigantische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Finanzämter, Steuerberater oder Testamentsvollstrecker. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.2.2003)