Verschmutzung und Folgen sind weit schlimmer als ursprünglich befürchtet - über die Bergung wird noch diskutiert.

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Madrid/New York - Der vor drei Monaten im Atlantik gesunkene Großtanker "Prestige" hat mehr Öl verloren als bisher angenommen. Insgesamt strömten fast 40.000 Tonnen Schweröl ins Meer, berichtete eine spanische Expertenkommission am Samstag. Dies ist mehr als die Hälfte der ursprünglichen Ladung und doppelt so viel wie beim Unglück der "Erika" im Dezember 1999 vor der Bretagne.

Die "Prestige" war am 13. November 2002 mit rund 77.000 Tonnen Öl an Bord leck geschlagen und sechs Tage später vor der Nordwestküste Spaniens auseinander gebrochen und gesunken. Aus dem Wrack treten täglich weiterhin zwei Tonnen Öl ins Meer aus. Von den 20 Lecks, die an dem Tanker nach dem Untergang festgestellt worden waren, konnten zwei nicht vollständig geschlossen werden. Das französische Spezial-U-Boot "Nautile" beendete mittlerweile seine Mission.

Auch die Auswirkungen der Ölpest sind weit schlimmer als bisher befürchtet: Nach spanischen Zeitungsberichten wurden knapp 2900 Kilometer Küste verschmutzt - drei Mal mehr als zunächst angenommen. Zudem sollen 650 Strände betroffen sein. Die Reinigungsarbeiten und die Ölbekämpfung werden auf eine Milliarde Euro geschätzt.

Seit dem Unglück hat sich die Zahl der verendeten Meerestiere verfünffacht. Allein zwischen November und Jänner wurden neben unzähligen Vögeln und Fischen 63 tote Schildkröten sowie 54 Delfine und Wale an der Küste Galiciens angeschwemmt.

Nachdem das Fischfangverbot im Nordwesten Spaniens Anfang Februar zum Teil wieder aufgehoben worden war, musste es wenig später wieder erneuert werden - als neues Öl aus der Prestige an die Strände geschwemmt wurde.

In den nächsten Wochen will die spanische Regierung entscheiden, welche Bergungsvariante in Frage kommt. Die Fachleute neigen zum Abpumpen des Öls. Dies würde mindestens neun Monate dauern und 230 Millionen Euro kosten. Vizeregierungschef Mariano Rajoy teilte mit, dass Spanien dabei auf finanzielle Hilfe der Europäischen Union hoffe.

Für die zweite Variante - das Einbetonieren der Wrackteile - werden mindestens zwei Jahre und Kosten von 130 Millionen Euro veranschlagt. Keines dieser Verfahren wurde in einer derart großen Tiefe - rund 3600 Meter unter dem Meeresspiegel - jemals erprobt. Der Mineralölkonzern Repsol und der Baukonzern Dragados wollen nun Machbarkeitsstudien entwerfen.

Öl vor Long Island

Vor Long Island bei New York ist ein mit Heizöl beladener Lastkahn auf Grund gelaufen und Leck geschlagen. Wie die Küstenwache am Freitag mitteilte, liefen dabei etwa 10.000 Liter Heizöl ins Meer. Es bildete sich ein Ölteppich mit einer Fläche von gut 4000 Quadratmetern. Die Behörden setzten Gegenmittel zu dessen Auflösung ein, da befürchtet wurde, dass das Öl an der Küste von Long Island angeschwemmt werden könnte. Die möglichen Auswirkungen auf die Tierwelt der Region waren vorerst nicht absehbar. (APA, dpa, AP/DER STANDARD, Printausgabe, 17.2.2003)