Rom - Der Vatikan hat am Samstag alle seine Archivbestände über die Beziehungen zu Deutschland zwischen 1922 und 1939 für Experten zugänglich gemacht. Im Vorfeld hatten sich bereits zahlreiche Forscher angemeldet, um die Dokumente einzusehen, die nach Angaben des Vatikans jedoch keine Überraschungen enthalten sollen. Papst Johannes Paul II. hatte sich zu der vorzeitigen Öffnung der Archivbestände entschlossen, um die Kritik an der Haltung des Heiligen Stuhls gegenüber dem Nationalsozialismus zu entkräften. Der Kirchenleitung in Rom wird vorgeworfen, das Hitler-Regime nicht entschieden genug verurteilt zu haben.

Kritik verstummen lassen

Die Dokumente, die den Pontifikat von Papst Pius XI. umfassen, hätten eigentlich erst in sechs Jahren zugänglich gemacht werden sollen. Die Unterlagen, die auch die erhalten gebliebene Korrespondenz der vatikanischen Botschaften in Berlin und München umfasst, sollen nach Angaben aus dem Vatikan unter anderem die Kritik an Pius XII. verstummen lassen, der von 1939 bis 1958 an der Spitze der katholischen Kirche stand.

Zwischen 1922 und 1939 war der spätere Papst zunächst Vatikan-Botschafter (Nuntius) in Deutschland und ab 1929 Staatssekretär (Regierungschef) des Vatikans. Die Archivöffnung soll auch den Seligsprechungsprozess für Pius XII. beschleunigen. Die vatikanischen Dokumente nach 1939 bleiben jedoch vorerst weiter unter Verschluss. (APA/dpa)