Es steht Spitz auf Knopf. Die nächsten Tage werden für die Bildung einer schwarz-grünen Koalition entscheidend sein. In der ÖVP herrscht - auch offen zur Schau getragener - Optimismus vor. "Nur die Journalisten wollen es noch nicht glauben", heißt es. Tatsächlich ist es schwer zu glauben, dass ÖVP und Grüne ihre Differenzen überbrücken können und zu einer gemeinsamen Linie finden. In sachpolitischen Fragen weisen die beiden Parteien teilweise extreme Gegensätze auf.

Aber der Wille zum Regieren besteht - auf beiden Seiten. Auch das Führungsteam der Grünen hat sich dazu durchgerungen, es auf jeden Fall probieren zu wollen. Und offensichtlich sind sowohl Schwarz als auch Grün zu Kompromissen bereit. Die Scharmützel, die aus den Verhandlungen nach außen dringen oder getragen werden, dienen offensichtlich auch zur Beruhigung der jeweils eigenen Basis, insbesondere bei den Grünen: Wie hart doch verhandelt werde, wie zäh man um Zugeständnisse und Kompromisse ringt, was man doch alles herausholen konnte - aber eben doch nicht alles.

Wolfgang Schüssel hat die Skeptiker in seiner Partei noch nicht zur Gänze überzeugt. Und Alexander Van der Bellen hat einen enormen Kraftakt vor sich, den Flügel der parteiinternen Neinsager auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Beide müssen ihre Klientel mit greifbaren Ergebnissen bedienen können. Um diese zu erreichen und auch entsprechend vermarkten und verkaufen zu können, wird auf Teufel komm raus verhandelt.

Eine Opposition zur Regierung würde aber in beiden Parteien bestehen bleiben - das nennt man Demokratie und ist nichts Verwerfliches. Zur Erinnerung: Im Jahr 2000 hat etwa die Wiener ÖVP gegen eine schwarz-blaue Regierung gestimmt. Passiert ist weiter nichts - bloß, dass die Wiener Recht behielten. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.2.2003)