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US-Botschafter Lyons Brown: "Die Iraker werden ihr Öl behalten - sie werden vielleicht wollen, dass ihnen jemand bei der Förderung hilft. Aber niemand wird es ihnen wegnehmen"

Foto: APA/Roland Schlager

Eine weitere Irakresolution - die 18. - würde nicht viel Sinn machen, wenn sie nicht entschlossen genug formuliert ist, sagt der amerikanische Botschafter in Österreich, Lyons Brown, im Gespräch mit Gudrun Harrer. Noch habe Präsident George Bush jedoch die Entscheidung für einen Krieg nicht gefällt.

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STANDARD: Wie lange werden die USA dem Sicherheitsrat nach dem Bericht der Chefinspektoren noch Zeit geben, um zu einer Einigung über eine neue Resolution zu kommen?

Brown: Der Freitag ist ein Schlüsseltag. Es gibt keinen Zeitplan, aber - wie schon Außenminister Colin Powell sagte - es ist eine Frage von Wochen und nicht von Monaten. Man sollte nicht vergessen, dass der Irak nicht drei Monate Zeit zum Abrüsten hatte, sondern zwölf Jahre. Wir werden hören, was die Inspektoren sagen, mit unseren Freunden und Alliierten beraten und den Druck noch erhöhen - das ist der einzige Weg, Saddam Hussein zum Einlenken zu bewegen, wenn überhaupt. Aber die Zeit läuft ab.

Es ist klar, dass der Irak sich weiter in "material breach" von Resolution 1441 befindet: Die Zulassung von U2-Aufklärern ist nur ein Detail: Sie helfen dabei, sich gewisse Dinge anzuschauen, aber es geht darum, dass die Iraker kommen und uns sagen, wo die Massenvernichtungswaffen sind. Saddam muss die strategische Entscheidung fällen abzurüsten - und das haben wir bis jetzt nicht gesehen.

STANDARD: Warum, glauben Sie, sperren sich die anderen Sicherheitsratsmitglieder, allen voran Frankreich, so gegen die US-Position?

Brown: Frankreich ist historisch unser ältester Alliierter, es hat immer wieder Meinungsverschiedenheiten gegeben, aber wenn es ernst wurde, haben wir immer zusammengehalten. Ich glaube, es handelt sich diesmal um eine unterschiedliche Sichtweise von 1441: Die Resolution sagt ganz klar, dass es am Irak ist, seine Waffen offen zu legen. Die Beweislast liegt beim Irak. Die Inspektoren können den Irak nicht entwaffnen, das ist unmöglich. Die Franzosen sehen das offensichtlich anders: Die Inspektoren sollen die Waffen finden, die Beweislast, dass der Irak Waffen hat, liegt bei der internationalen Gesellschaft. Deshalb wollen sie mehr Inspektoren, mehr Zeit und so weiter. Das ist in unseren Augen eine Ablenkung vom echten Problem.

Wir sind überzeugt, dass der Irak nicht nur eine Gefahr für Freunde und Alliierte darstellt, sondern für die Amerikaner. Und Präsident Bush wird das amerikanische Volk schützen. Wenn der Sicherheitsrat nicht zu einer Entscheidung kommt - in diesem Fall wäre das eine Tragödie - müssen wir allein handeln.

STANDARD: Wie beurteilen Sie den Streit in der Nato?

Brown: Ehrlich, das ist schwer zu verstehen, wir sind sehr besorgt. Die Meinungsunterschiede im Sicherheitsrat werden in die Nato getragen, das ist extrem gefährlich und stellt die Glaubwürdigkeit der ganzen Allianz infrage. Wir haben ein Land, das um Hilfe bittet, und eine isolierte Minderheit - drei von neunzehn - verweigert dies, sie spielen mit der konzeptuellen Grundlage der Nato. Das war noch nie da. Man hofft, dass da nicht eine andere politische Agenda dahinter steckt. Wir sprechen von der Allianz, die die Freiheit der freien Welt garantiert hat, die Europa erlaubt hat, das zu werden, was es heute ist, die die Wiedervereinigung Deutschlands ermöglicht hat.

STANDARD: Sollte es zum Krieg kommen, wie sehen Sie den Nachkriegsirak?

Brown: Wir werden uns bei der Errichtung eines demokratischen, rechtsstaatlichen, multiethnischen Irak mit Religionsfreiheit und Frauenrechten voll engagieren. Man hört oft die lächerlichsten Dinge über unser Interesse am irakischen Öl: Was am Öl wirklich interessant ist, ist, dass es, wenn es für die Menschen eingesetzt wird, der schnellste Weg zum Wohlstand ist, was im Irak sehr hilfreich sein wird. Aber die Iraker werden ihr Öl behalten - sie werden vielleicht wollen, dass ihnen jemand bei der Förderung hilft. Aber niemand wird es ihnen wegnehmen.

STANDARD: Orten Sie in Österreich Antiamerikanismus?

Brown: Nein, im Allgemeinen nicht, und ich kenne viele Menschen hier, in ganz Österreich. Zu meinem großen Erstaunen höre ich ständig Dankesworte für den Marshallplan. Das erwarten wir gar nicht. In den Medien sind wir öfters mit Einseitigkeit konfrontiert, und das kann irritierend und frustrierend sein. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.2.2003)