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Foto: APA/Roland Schlager

Wien - Offiziell schweigt die ÖVP zur Zerrissenheit der Grünen. "Wir geben weder gute Ratschläge, noch nehmen wir Bewertungen vor. Das ist eine interne Angelegenheit der Grünen, da mischen wir uns nicht ein", sagte Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat am Dienstag.

Doch innerhalb des ÖVP-Verhandlungsteams macht sich Unmut vor allem über Sozialsprecher Karl Öllinger breit. Man sei verärgert darüber, dass er als Einziger der Verhandler ständig Stellungnahmen zu den Gesprächen abgebe, obwohl Vertraulichkeit vereinbart worden sei. "Alle anderen Grünen verhalten sich konstruktiv", heißt es.

Dass gerade Öllinger als Vertreter der Bundesgrünen bei der Wiener Konferenz anwesend war und seiner Linie "Nein zu Schwarz-Grün" treu blieb, sorgt zusätzlich für Irritationen. Als problematisch empfindet man auch, dass Öllinger der schwarz-grünen Option mehr als skeptisch gegenüber steht, während er gleichzeitig wichtige Bereiche verhandle. "Will er das Ganze dann überhaupt zu einem positiven Abschluss bringen", lautet die bange Frage bei den Schwarzen. Sollten sich die Grünen einer Regierungsverantwortung nicht stellen wollen und lieber in Opposition bleiben, so müssten sie dies ihren Wählern früher oder später erklären.

Zugleich sehnen sich einige VPler offenbar noch immer nach einer großen Koalition, für die sich Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl besonders intensiv ausspricht. Auch für Rauch-Kallat ist noch nicht aller Tage Abend: "Jetzt konzentrieren wir uns auf die Grünen. Aber prinzipiell ist keine Tür zugeschlagen."

ÖAAB-Obmann Werner Fasslabend wiederum schließt die SPÖ aus allen Überlegungen aus. Als ernsthafte Koalitionsoptionen kämen nur die Grünen und die FPÖ infrage: "Ich habe den Eindruck, dass die SPÖ nicht wirklich an einer Regierungsbildung interessiert ist. Bei den Freiheitlichen ist das nicht der Fall. Da stellt sich aber die Frage der Stabilität."

Keine Festlegung

Dies bedeute jedoch noch keine Festlegung auf die Grünen, betonte Fasslabend: "Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen." Sollte es mit den Grünen nicht klappen, seien die Gesprächsmöglichkeiten jedenfalls noch nicht ausgeschöpft. Eine persönliche Koalitionspräferenz wollte er nicht nennen. Dass seine Forderungen in der Ausländerpolitik - Fasslabend will ja eine Reduktion der Zuwanderungsquote - auch mit den Grünen umsetzbar wären, bezweifelt er nicht: Es gehe dem ÖAAB auch um die bessere Integration der bereits in Österreich lebenden Ausländer. Hier seien sich ÖVP und Grüne in der Grundausrichtung einig.

Vizekanzlerin

Bei den Grünen gibt es nicht nur inhaltliche Diskussionen, sondern auch personelle - sollte es tatsächlich zu einer Angelobung einer schwarz-grünen Regierung kommen. Eva Glawischnig, Stellvertreterin von Alexander Van der Bellen als Bundessprecher, wäre auf jeden Fall Fixstarterin für das Regierungsteam. Bis jetzt wurde sie stets als Kandidatin für das Umweltressort, auf das die Grünen Anspruch erheben, genannt. Parteiintern gibt es aber auch Überlegungen, Glawischnig als Vizekanzlerin zu positionieren. Van der Bellen bliebe in diesem Fall Parteichef, dürfte aber jedenfalls ein Ministeramt annehmen. Glawischnig an der Spitze des grünen Regierungsteams würde die erfüllte Frauenquote repräsentieren.

Der ORF-"Report" veröffentlichte am Dienstag eine market-Umfrage, wonach 79 Prozent der Österreicher für eine Fortsetzung der begonnenen Reformen dieser Regierung sind. Das deckt sich mit einer Fessel-GfK-Studie, die im Auftrag der ÖVP erstellt wurde: Demnach finden 67 Prozent der Befragten, dass große Reformen zur Bewältigung der Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts notwendig sind. Noch 1999 waren nur 36 Prozent dieser Meinung.

Aus beiden Studien lässt sich eine Präferenz der Österreicher für Schwarz-Rot erkennen. Schlusslicht ist Schwarz-Blau. Laut market halten die Befragten Schwarz-Grün für am wahrscheinlichsten. 51 Prozent der Grün- und 49 Prozent der ÖVP-Wähler haben eine positive Einschätzung einer derartigen Koalition. Allerdings befürchten 52 Prozent, dass den Grünen dann ähnliche Probleme wie den Freiheitlichen bevorstehen könnten. (mon, kob, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 12.2.2003)