Scharfe Reaktionen kamen aus den USA über die Blockade des NATO-Beistandes für die Türkei

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Washington/Bagdad - US-Präsident George W. Bush hat Deutschland, Frankreich und Belgien vorgeworfen, mit ihrer Haltung zu einem möglichen Irak-Krieg das NATO-Bündnis zu beschädigen. Abweisend reagierte Bush auf die Bereitschaft des Irak, den Einsatz amerikanischer Aufklärungsflugzeuge bei den UNO-Rüstungsinspektionen zuzulassen.

Gegen mehr Inspektoren

Wenn die NATO nicht zu einer Beistandserklärung für die Türkei in der Lage sei, beeinträchtige dies das Bündnis, erklärte Bush am Montag abend nach einem Treffen mit dem australischen Ministerpräsidenten John Howard in Washington. Zugleich wandte er sich gegen den Vorschlag von Deutschland, Frankreich und Russland, die Zahl der UNO-Inspektoren in Irak zu erhöhen. Es würden auch nur ein oder zwei Inspektoren genügen, wenn der irakische Staatschef Saddam Hussein darauf verzichten würde, weiterhin Massenvernichtungswaffen zu verstecken, sagte Bush.

Der britische Außenminister Jack Straw sagte am Dienstag in einem Beitrag für das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) in London, selbst eine tausendfach höhere Zahl von Inspektoren würde nicht garantieren, dass sie Massenvernichtungswaffen fänden. Nach Angaben von Diplomaten bei den Vereinten Nationen bereitet Großbritannien zurzeit eine neue UNO-Resolution vor, die den Einsatz militärischer Gewalt gegen Irak autorisieren würde.

Chirac: Nichts rechtfertigt einen Krieg

Hingegen erklärte der französische Staatspräsident Jacques Chirac am Montag nach Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin: "Nichts rechtfertigt heute einen Krieg. Diese Region braucht wirklich nicht noch einen Krieg." Die UN-Waffenkontrollen hätten bereits Erfolge gezeigt; die Inspektoren sollten ihre Arbeit fortsetzen. Putin warnte vor "schweren Konsequenzen im Falle eines Militärschlags." Die Abrüstung des Irak bleibe das gemeinsame Ziel im Rahmen der UN-Resolutionen, betonte er. "Die Anwendung von Gewalt könnte nur ein letztes Mittel sein", heißt es in der Erklärung der drei Länder.

Mit der Zustimmung Bagdads, Aufklärungsflüge über seinem Territorium zuzulassen, war die irakische Regierung überraschend schnell einer wichtigen Forderung der UNO nachgekommen. "Den Inspektoren steht es jetzt frei, die amerikanischen U-2 ebenso einzusetzen wie französische und russische Flugzeuge", sagte der irakische UN-Botschafter Mohamed el Duri der Nachrichtenagentur AP in New York. Bush sah darin jedoch nur ein neues Spiel auf Zeit: "Er (Saddam Hussein) versucht, Zeit herauszuschinden", erklärte der US-Präsident. Zugleich bekräftigte er: "Entweder rüstet er (Saddam Hussein) ab oder wir rüsten ihn ab."

NATO-Beistandspflicht

In Brüssel wollte der Rat der 19 NATO-Botschafter am Dienstag sein Sondertreffen fortsetzen. Frankreich und Belgien hatten am Montag mit deutscher Unterstützung die NATO-Planungen zum Schutz der Türkei im Fall eines Irak-Krieges blockiert und damit eine der schwersten Belastungsproben in der Geschichte der westlichen Allianz verursacht. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklärte, die USA und andere dazu bereite Staaten würden der Türkei auch außerhalb der NATO beistehen. "Ich hoffe, der NATO wird klar, dass sie verpflichtet ist, einem Mitglied zur Seite zu stehen, das um Hilfe bittet", sagte Außenminister Powell. NATO-Generalsekretär George Robertson forderte die Allianz am Montagabend eindringlich zum Beistand für die Türkei auf. Die Bedrohung der Türkei im Falles eines Irak-Krieges sei real.

Unterdessen traf der Sondergesandte des Papstes im Irak-Konflikt auf dem Weg nach Bagdad in Jordanien ein. "Ich glaube bis zum Ende, dass eine Lösung möglich ist", sagte Kardinal Roger Etchegaray. Er werde Saddam Hussein eine Botschaft von Papst Johannes Paul II. überbringen, der entschlossen sei, "die Hoffnung bis an ihre äußersten Grenzen" auszuloten.

Sicherheitsrat berät

Ungeachtet der weiter bestehenden Hoffnung auf eine friedliche Lösung im Irak-Konflikt treiben die Vereinten Nationen ihre Vorbereitungen auf humanitäre Nothilfe im Kriegsfall voran. UNO-Generalsekretär Kofi Annan teilte mit, er habe den Sicherheitsrat für Donnerstag zu Beratungen über Hilfsmaßnahmen eingeladen. Am Freitag wollen die beiden ChefInspektoren der Vereinten Nationen, Hans Blix und Mohamed El Baradei, dem Sicherheitsrat über den Stand der Rüstungsinspektionen berichten. (APA/AP/dpa)