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Dati: "Ich denke an dieses Mädchen, das sich vielleicht selbst wünscht, sich rasch zu trennen"
Foto: EPA / Bernardo Rodriguez

Paris - Alleine gegen alle verteidigt Frankreichs Justizministerin Rachida Dati die Entscheidung des Landgerichts von Lille, die Ehe eines muslimischen Ehepaares zu annullieren, weil die Braut entgegen ihren Angaben gegenüber dem Bräutigam nicht mehr Jungfrau war. Das Urteil löste einen Protestchor aus, der von Staatssekretärin Valerie Letard über die Sozialistin Segolene Royal bis hin zur Rechtsextremistin Marine Le Pen reichte.

Nur Dati, selbst eine Muslima sowie Tochter eines marokkanischen Vaters und einer algerischen Mutter, verteidigte das Gerichtsurteil. "Die Aufhebung der Ehe ist auch eine Methode, die Braut zu beschützen, die sich selbst aus der Ehe befreien wollte. Ich denke an dieses Mädchen, das sich vielleicht selbst wünscht, sich rasch zu trennen", sagte die Ministerin und fügte hinzu: "Die Justiz muss die Schwächeren beschützen, jene, die in Schwierigkeiten sind."

Dati beharrte auf ihre Position

Als "unwürdig" bezeichnete die Kommunistenchefin Marie-George Buffet die Stellungnahme der Justizministerin, während Marine Le Pen den Verdacht äußerte, Dati habe "in einem Delirium gesprochen". Die Philosophin Elisabeth Badinter, Ehefrau des ehemaligen Justizministers und Präsidenten des Verfassungsrates Robert Badinter, kritisierte das Urteil als "Schande für Frankreich". UMP-Generalsekretär Patrick Devedjian bezeichnete das Urteil als "inakzeptabel", zumal es zur "Wiedereinführung der Verstoßung der Ehefrau im Rechtssystem" führe. Selbst Dalil Boubakeur, Präsident des Muslimischen Rates in Frankreich CF und der Pariser Moschee, lehnte den Gerichtsentscheid als "unzulässig" zurück. Trotz dieses Hagels von Kritiken beharrte Dati auf ihrer Position.

Verletzung der "Rechte und Würde der Frauen"

Die ehemalige PS-Präsidentschaftskandidatin Segolene Royal erinnerte in einem Interview für die Sonntagszeitung "Le Journal du Dimanche" daran, dass das Urteil des Gerichts von Lille nicht nur eine Verletzung der "Rechte und Würde der Frauen" darstelle, sondern auch einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und gegen das Gleichheitsprinzip zwischen Mann und Frau. "Zu erachten, dass die Jungfräulichkeit eine wesentliche Eigenschaft der Frauen und nicht der Männer darstelle, ist für alle Frauen das Signal eines sehr starken Rückschritts", betonte Royal und fügte hinzu, dass das betreffende Ehepaar ohne weiteres vom Rechtsmittel der Scheidung Gebrauch hätte machen können. (APA)