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Alexander Van der Bellen und Eva Glawischnig glauben verhindern zu können, den Geruch der ÖVP anzunehmen

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Die Aufwärmrunden in den Sondierungsgesprächen sind absolviert. Heute, Montag, gehen das schwarze und das grüne Team an den Start und eröffnen offiziell die Koalitionsverhandlungen, für die von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (VP) zwei Wochen veranschlagt wurden.

"Das wäre ein absolutes Wunder, wenn man so schnell fertig wäre", ist der Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, skeptisch, ob man sich so schnell auf ein Programm einigen kann. Gelte es doch, einige große Brocken aus dem Weg zu räumen - oder zumindest so weit zu zertrümmern, dass beide Parteien darüberspringen können.

"Entscheidend wird auch sein, ob die ÖVP von einigen einzementierten Positionen abrückt", sagt Grünewald im STANDARD-Gespräch und nennt als Beispiel die "Rosstäuscherei, bei der von Entlastung bei Steuern gesprochen und den Leuten gleichzeitig das Geld aus der Brieftasche gezogen wird". Grünewald, der in den Subgruppen Wissenschaft und Gesundheit mit der ÖVP verhandeln wird, meint etwa die Selbstbehaltsdiskussion.

Angesichts der innerparteilichen Kritiker an einer grünen Regierungsbeteiligung sei das Um und Auf, "dass man flächendeckend in allen Ressortbereichen - natürlich unserer Größe entsprechend - irgendwas erreichen kann", sagt Grünewald. Bei einem Bundeskongress wäre es "hoch riskant und kaum vermittelbar", sich auf Umweltthemen zu reduzieren und von der VP "nur in zwei pder drei Politikfeldern Konzessionen zu bekommen, und in allen anderen leer auszugehen". "Signifikante Signale" müsse es im Unibereich, bei den Themen Soziales, Arbeitslosigkeit und Pensionsreform geben. Eines sei für ihn, Grünewald, aber klar: "Mit den Abfangjägern im Programm wird es im Bundeskongress heikel."

Der Geruch der ÖVP

Auch für Vizeklubobfrau Madeleine Petrovic ist eine erkennbare "grüne Handschrift" in einem allfälligen Regierungsprogramm die Voraussetzung, um einen grünen Bundeskongress zu überstehen: "Was nur nach ÖVP riecht und nicht nach Grünen, hat keine Mehrheit." Sie sehe aber "Chancen, dass es gelingen kann", so Petrovic.

Wenn Schüssel mit den Grünen "teilweise sehr neue Lösungen" erarbeiten wolle, dann verstehe sie darunter, dass der "traditionelle Rahmen" der Lösungen mit den Sozialpartnern überschritten werde, vor allem in den Bereichen Umwelt und Soziales. "Wir brauchen Konturen einer sozialen Sicherung von morgen", da die klassischen Grundlagen der sozialen Sicherheit (durchgehender Erwerbsverlauf und Ehe) "ins Wanken geraten" seien. Nötig seien "Grundsicherheiten".

Der Ehrenobmann des Grünen Parlamentsklubs, Schauspieler Herbert Fux, schätzt die Chancen für Schwarz-Grün - "historische Chance" und "europaweite Sensation" - mit "50:50" ein. Zum ersten Mal stehe er voll hinter Parteichef Alexander Van der Bellen. Dieser sieht in seiner Partei ein "liberales, ökologisches Korrektiv" für die ÖVP.

FPÖ-Vizechef Max Walch befürchtet bei Schwarz-Grün "eine Rückkehr in die entwicklungspolitische Steinzeit" und eine Belastungswelle für Arbeitnehmer und Wirtschaft. "Wenn Bundeskanzler Schüssel das wirklich eingeht, dann gute Nacht, Österreich." (nim/DER STANDARD, Printausgabe, 10.2.2003)