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Foto: Reuters/ KAI PFAFFENBACH

München - In der Irak-Krise ist weiter keine Annäherung zwischen den USA und Deutschland in Sicht. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Außenminister Joschka Fischer lieferten sich am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz einen scharfen Schlagabtausch. Deutschland und Frankreich arbeiten nach Informationen des deutschen Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" an einem Plan zur Entwaffnung des Irak, um einen Krieg zu verhindern.

Deutsch-französischer Resolutionsentwurf

Wie das Magazin berichtete, würde der Irak komplett zur Flugverbotszone erklärt; UNO-Soldaten sollten für Jahre die Kontrolle des Landes übernehmen. Ein Regierungssprecher in Berlin bestätigte, dass es "gemeinsame Überlegungen zu konkreten friedlichen Alternativen" gebe.

Der "Spiegel" berichtete, an dem Modell werde seit Anfang des Jahres im Kanzleramt und im Elysee-Palast gearbeitet. Es solle möglicherweise als deutsch-französischer Resolutionsentwurf in den Weltsicherheitsrat eingebracht werden. Das Konzept werde auch mit Kritikern der US-Strategie wie der griechischen EU-Ratspräsidentschaft, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem chinesischen Vizepräsidenten Hu Jintao sondiert.

Unterstützung für die Türkei unentschuldbar

Rumsfeld attackierte in seiner Rede in München Deutschland, Frankreich und Belgien. Ohne die drei Länder beim Namen zu nennen, nannte Rumsfeld am Samstag die Verzögerung der NATO-Entscheidung über eine Unterstützung für die Türkei unentschuldbar. Er forderte eine Entscheidung über das weitere Vorgehen gegen den Irak in "Tagen oder Wochen". Rumsfeld warnte, dass Verzögerungen bei der Vorbereitung eines Kriegs Saddam Unentschlossenheit signalisieren würden.

Kalte Höflichkeit

Differenzen zu Deutschland bestünden, so Rumsfeld, aber nur zwischen den Regierungen, nicht zwischen den Völkern. Er vertrat seine Position zum Teil in scharfem Ton und reagierte auch auf kritische Fragen vor allem deutscher Teilnehmer mit kalter Höflichkeit oder belustigt. Zu seiner Kritik, Deutschland und Frankreich stünden mit ihrer Ablehnung eines Militärschlags für das "alte Europa", sagte Rumsfeld: "Ich verstehe nicht, worum es bei der ganzen Aufregung geht." In seinem Alter sei "alt" ein Kosewort, sagte der 70-Jährige.

Fischer hielt ein leidenschaftliches Plädoyer

Fischer hielt ein leidenschaftliches Plädoyer und wandte sich in der deutsch gehaltenen Rede zum Teil auf Englisch direkt an Rumsfeld. In der Irak-Krise seien die diplomatischen Mittel "mitnichten ausgeschöpft". Der deutsche Außenminister wandte sich dagegen, auf eine schnelle Entscheidung zu setzen. "Wir dürfen uns nicht unter die Logik des militärischen Aufmarsches stellen", sagte er. Im Gegensatz zu Rumsfeld plädierte er für eine Fortsetzung der UNO-Waffeninspektionen. Diese sollten die Zeit haben, die sie für ihre Arbeit brauchten.

Prioritätensetzung ist nicht angebracht

Die internationale Gemeinschaft sei mit ihren Aufgaben in Afghanistan und mit der Zerschlagung der Terrorgruppe El Kaida noch lange nicht fertig: "Deswegen ist die erste kritische Frage, die ich stelle, warum diese Prioritätensetzung jetzt?", fragte Fischer. Erneut wies er auf die Risiken eines Irak-Kriegs für die Stabilität im Nahen Osten und den Kampf gegen Terrorismus hin. In der Frage der Unterstützung für die Türkei sei Deutschland dabei, "eine Lösung voran zu treiben". Fischer sagte dazu, die NATO sollte keinen Krieg vorbereiten, während die diplomatischen Bemühungen um dessen Vermeidung liefen.

Deutsch-amerikanische Verhältnis leicht lädiert

Deutschlands Verteidigungsminister Peter Struck sieht das deutsch-amerikanische Verhältnis wegen der Irak-Krise nur leicht lädiert. Struck wollte bei einem Vier-Augen-Gespräch mit Rumsfeld am Samstag auch dessen umstrittene Bemerkungen zur Sprache bringen. Rumsfeld hatte Deutschlands Haltung im Irak-Konflikt mit der von Libyen und Kuba verglichen. "Ich sehe nicht, dass Deutschland in irgendeiner Situation wäre, in der man sich entschuldigen müsste. Wir haben in der Irak-Frage Frage eine andere Auffassung und damit hat es sich", sagte Struck nach Angaben des Mitteldeutschen Rundfunks.

US-Investitionen in Deutschland liegen auf Eis

Nach Informationen der Zeitung "Welt am Sonntag" haben die USA Investitionen in den weiteren Ausbau ihrer Militär-Stützpunkte in Deutschland angesichts der politischen Situation auf Eis gelegt. Davon seien unmittelbar Bauvorhaben der US-Luftwaffe in Rheinland-Pfalz im Wert von mehr als 100 Millionen Euro betroffen. (APA)