Washington - Vorsichtig lenkt der Mediziner Demetrius Lopes ein dünnes Drähtchen mit einem winzigen Magneten an der Spitze durch Paul Kelseys Adern. Eingeführt in der leicht zugänglichen Leistenarterie, wandert der Draht mit Hilfe eines außerhalb des Körpers positionierten zweiten Magneten über Brust und Hals bis ins Gehirn. Dort behandelt Lopes geschwollene Blutgefäße, die bei Kelsey schwere Sehstörungen hervorgerufen haben.

Normalerweise würde in solchen Fällen eine Schädeloperation angesetzt: Dazu müsste ein Loch in die Schädeldecke gebohrt werden. Mit Hilfe der bisher noch rein experimentellen Magnettechnik kann Lopes seinem Patienten aber auf weniger belastende Art helfen. Weil diese Methode noch nicht etabliert ist, ist allerdings auch noch nicht bekannt, ob die Heilung damit ebenso dauerhaft sein kann wie bei einer direkten Operation.

Diagnose

Bei Dachdecker Kelsey aus Chicago traten die ersten Symptome bei der Arbeit auf. Er sah alles doppelt, wenn er vom Dach nach unten blickte. Die Ärzte diagnostizierten eine Fistel im Gehirn, geschwollene Blutgefäße, die auf die Sehnerven drückten.

Erste Versuche Lopes', dem Problem per Katheter Herr zu werden, schlugen zunächst fehl, weil er das abschwellende Mittel nicht bis zum betroffenen Punkt vorantreiben konnte. Erst als er auf die Magnetmethode zurückgriff, bei der der äußere Magnet den eingeführten Katheter weitaus präziser führen kann, gelang der Eingriff. Überwacht wird der Weg des Magneten über Röntgenaufnahmen.

Hoffnungen

Mit Hilfe dieser Technik hoffen die Mediziner, künftig auch Gefäßerweiterungen und Schlaganfälle in nur schwer zugänglichen Gehirnregionen behandeln zu können. Tests des magnetischen Telestar-Systems des Unternehmens Stereotaxis werden derzeit an der Universität Washington und am medizinischen Zentrum St. Luke in Chicago vorgenommen.

Wenn der dreistündige Eingriff bei Paul Kelsey erfolgreich war, müsste sich sein Sehvermögen innerhalb von sechs Monaten wieder normalisieren. Erste Fortschritte hat Kelsey bereits vermeldet. (APA/AP)