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Foto: Reuters/Hershorn

Das kann doch nicht wahr sein! Versuchte Societylöwe Richard Lugner in den letzten Jahren weitgehend vergeblich, den beim Opernball versammelten heimischen Seelenadel durch den Import von Erregern zu verschrecken, lässt er heuer die Mörtelmaske fallen und will - glaubt man den Fellners, und die lassen stets uneigennützig die Wahrheit schreiben - die Blüte der Nation durch Einfuhr eines brisanten Krankheitserregers schrecklichen Gefahren aussetzen. Weil der New Yorker Exbürgermeister und Ground -Zero-Volksheld Rudi Giuliani zu hohe finanzielle Ansprüche stellte und zu hohe Erwartungen an seine Körbchengröße enttäuschte, setzt der Promi-Scout nun - Überraschung, Überraschung! - eine alte Betriebsnudel der Fellner-Medien ein: Pamela Anderson.

Damit hat er sogar die Fellners überrascht, denn die ließen ihre Leser noch in "tv-media" von voriger Woche wissen: Fernfahrer und sonstige Busenfetischisten - ihr müsst jetzt sehr stark sein. Denn Pamela Anderson, das reichhaltigste und offenherzigst präsentierte Silikonvorkommen des Showbiz, will nie wieder im Rampenlicht stehen. Auslöser für diesen Sinneswandel war nicht eine späte Einsicht in die Art ihrer künstlerischen Begabung, vielmehr beginnt demnächst die sehr anstrengende Therapie gegen die Hepatitis-Erkrankung, an der Pam leidet.

Schon im Mörtel und Möpse-Umfeld des "NEWS" derselben Woche galt es indes, die Hepatitisgefahr ein wenig herunterzuspielen, um die Behauptung, Pamela Anderson, 35, wird die Oper zum Glühen bringen, nicht mit einer peinlichen Nebenbedeutung aufzuladen. Da hieß es auf einmal nur noch, das neue Aushängeschild für Silikon-Oberweite habe eine neue, ernste Aufgabe übernommen: Sie wurde Sprecherin für Hepatitis-C-Erkrankte. Sie selbst, so sagt sie, hätte sich die Krankheit beim Tätowieren ihres Ringfingers mit dem Namen ihres Ehemannes Tommy Lee geholt, während er gleichzeitig ihren Namen auf einer pikanteren Stelle verewigen ließ - sein Ringfinger war es nicht, ließ "NEWS" keinen Zweifel offen. Dabei, so klagt sie jetzt, hätte der Tattoo-Künstler die Nadel nicht ausgewechselt. Warum auch, wenn sie sich gleichzeitig tätowieren ließen, was kaum mit einer Nadel geht.

Tommy Lee - typisch Mann - bestreitet das üble Gerücht, und meint: "Ein Publicity-Gag!" Das beruhigte immerhin die goldene Baumeisterin so weit, dass auch sie inzwischen - Hepatitis hin, Hepatitis her - ihrer Tätowierung entgegenfiebert und "NEWS" gestand: Pamela Anderson soll ja abgesehen von ihrem Busen von oben bis unten tätowiert sein. Und deshalb werde ich mir auch auf meinen Oberarm ein Riesentattoo malen lassen. "I love Richie" oder "C + R" oder sonst was Kitschiges mit Herz oder so. Man muss sich ja anpassen!

Für "NEWS" unbedingt noch zu recherchieren: Was sich wohl Richie auf seinen Ringfinger tätowieren lässt. Aber sorgfältig, denn sogar Hollywoods Kurvenkönigin weiß: Mr. Lugners Tentakel scheinen überall hinzureichen. Und an das Auswechseln der Nadel erinnern!

Noch weilt das Opfer dieses hochansteckenden Leidens im fernen Amerika, da schlägt "tv-media" in seiner aktuellen Nummer schon Seuchenalarm. Ganz Wien ist im Pamela-Fieber, schlimmer: halb Österreich ist im Pam-Fieber, und beschreibt Zustände, die vom medizinischen Standpunkt aus nur als skandalös zu bezeichnen sind: Sexsymbol Nr. 1 der USA ist wieder in aller Munde. Vom Leiden selber ist hingegen auf einmal keine Rede mehr, und statt für Quarantäne zu sorgen, darf der Baumeister schwärmen: "Diese Körbchengröße sollte dem Opernball auf jeden Fall Glamour verleihen!" Schließlich wissen die Fellners, dass man es sich mit einem Mann, dessen Tentakel überall hinzureichen scheinen, nicht verscherzen darf.

Daher haben sie auch im "NEWS" dieser Woche dafür gesorgt, dass Pamelas Stärken noch einmal aufgeblasen werden. Die Gefahr, die diese Woche von der Sil-Ikone ausgehen soll: Ihr nackt-militantes Engagement gegen Pelze. Vorsorglich hat Lugner sich mit dem obersten Pelzhändler von Wien über die drohende Gefahr unterhalten. Lieb.

Die anderen Opernballgäste sollten eventuelle Berührungsängste jedenfalls überwinden, pocht doch unter der Silikonauflage ein mütterliches Herz, wie es auch heimische Landesmütter auf der Zunge tragen, was wir freilich erst seit der letzten "Pressestunde" wissen: Frauen müssen sich heute nicht mehr auf eine Rolle beschränken. Warum sollen wir auf einmal nicht mehr sexy sein dürfen, nur weil wir Mütter sind? In was für einer Gesellschaft leben wir denn? Die einzige Person, mit der ich in Einklang sein muss, ist Gott.

Schön, wenn man weiß, wann es so weit ist. Hierzulande ist das, soweit bekannt, nur noch dem Nationalratspräsidenten gegeben. Sollte eintreten, was Christina Lugner befürchtet, dass der erste Staatsbürger der Mutter aller Silikonbrüste erst gar nicht Audienz gewährt, darf der zweite Staatsbürger in der Hepatitishölle Opernball eine Mutter bei ihrer Gottsuche keinesfalls allein lassen.
(DER STANDARD, Printausgabe, 7.2.2003)