Prominente Journalistinnen wie Anneliese Rohrer (vormals Presse) und Doris Gerstmeyer (NEWS) waren ebenso Opfer wie zahllose unbekannte Arbeitnehmerinnen - und zuletzt die Chefärztin der Tiroler Pensionsversicherung (PVA). Kaum 60, werden sie von ihren (männlichen) Arbeitgebern gekündigt, obwohl sie bis 65 arbeiten wollen.

Man sei zwar mit ihrer Arbeit sehr zufrieden, aber der Anspruch auf vorzeitige Rente erlaube die Zwangspensionierung, eine allfällige "Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (ist) jedenfalls sachlich gerechtfertigt": "Die Versetzung (...) in den Ruhestand erfolgt einzig und allein, weil (die Klägerin) das Regelpensionsalter erreicht hat." Die PVA-Vorvorgängerin durfte 1979 etwa noch bis 72 arbeiten!

Mitunter wird der - wissenschaftlich und praktisch vielfach widerlegte - verlogene Sozialkitsch bemüht, man müsse, um "jungen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen", Frauen im besten Karrierealter verdrängen. Möglich ist das nur, weil sie Frauen sind - und das vergiftete Bonbon ungleichen Pensionsalters gegen sie verwendet wird. Killing qua mon chérie gleichsam, das süße Gift altbackener Ungleichbehandlung.

Gudrun Biffl vom Wifo betont, dass der schockierende jüngste Rückgang von Frauen in Spitzenpositionen in Österreich auch mit dem vorzeitigen Pensionsalter erfolgreicher Frauen in den besten Berufsjahren zu tun hat. Ich habe wiederholt gezeigt, was Frauen wirklich nützt, und dass das Vorrecht des früheren Pensionsantritts nur enorm schadet. Und gescheite junge Feministinnen wie Österreichs beste Kolumnistin, Sibylle Hamann, Co-Autorin des ausgezeichneten Weißbuch Frauen, haben das vermeintliche Privileg als gefährliche "Galanterie - nein danke" durchschaut. Anneliese Rohrer wollte sich nach 30 Jahren nicht mit ihrem Arbeitgeber vor Gericht herumschlagen und wurde Kurier-Kolumnistin. Gerstmeyer ging als erste Österreicherin durch alle Instanzen: ein richtungweisendes OGH-Urteil bestätigte, dass der Anspruch der Arbeitnehmer auf Altersrente nicht als Kündigungsgrund angesehen werden darf; sie arbeitete vier Jahre nach der ungültigen Kündigung noch immer als Redakteurin bei NEWS.

Wir dürfen hoffentlich darauf vertrauen, dass Arbeitsgerichte diesem schamlosen Spuk auch bei Frau Dr. Christine K. von der PVA den Garaus machen und Unternehmen entmutigen, sich arbeitswilliger Mitarbeiterinnen vorzeitig zu entledigen. Der Sozialminister könnte gegenüber der Sozialbürokratie, deren Richtlinien und KV der Zustimmung des BMSK bedürfen, ein Machtwort sprechen. Immerhin hat die Bundesregierung viele internationale Abkommen unterzeichnet, die "forced retirement"in jedem Alter als unzulässige Diskriminierung brandmarken; zuletzt die León-Deklaration bei der Sozialministerkonferenz im November 2007, bei der Minister Buchinger eine wichtige Rolle spielte.

Die Chefs der Pensionistenverbände, Andreas Khol and Karl Blecha, könnten endlich ihren langjährig unverwirklichten Vorsatz, das Verbot von Altersdiskriminierung in der Verfassung zu verankern, umsetzen - wann denn, wenn nicht in einer großen Koalition "ihrer" Parteien?

Und die Zivilgesellschaft könnte, wie zuletzt in Spanien durch meine Kollegin Rocío Fernández Ballesteros, gegen Zwangspensionierung mobilisieren. Damit auch dieser allerletzte scheinbar "erlaubte", weil tagtäglich praktizierte Sexismus und Ageism endlich beendet wird. (Bernd Marin/DER STANDARD, Printausgabe 05.03.2008)