Gemessen am Wertverlust, den Aktionäre des Handydienstleisters EMTS in den vergangenen Monaten mit dem praktisch wertlos gewordenen Titel erlitten haben, verlief die außerordentliche Hauptversammlung am Mittwoch relativ zivilisiert. Böse Worte wurden bestensfalls zum Sitznachbar geäußert, kritische Fragen waren das Maximum an Ungehaltenheit, die sich die 59 anwesenden Eigentümer in einem Salzburger Hotel gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat leisteten.

Nur Hiobsbotschaften

Eigentlich hätte es um eine Kapitalerhöhung gehen sollen, stattdessen hatte der Vorstand unter dem vorgezogenen Punkt "Allfälliges" nur Hiobsbotschaften parat. Der Hauptkunde von EMTS, Nokia, bestätigte am Vorabend, dass er die Zusammenarbeit mit EMTS europaweit beenden wird, was die Hälfte des Umsatzes ausmacht.

Zeitgleich mit der Nokia-Kündigung kam die zweite vernichtende Nachricht vom Prüfer der EMTS, Deloitte & Touche, die den Prüfvermerk für die Bilanz 2001 aufgrund des dringenden Verdachts auf Bilanzmanipulation zurück-zogen. "Deloitte & Touche fühlt sich vom vorherigen Management getäuscht", heißt es in einer Aussendung; es gebe Anpassungserfordernisse in Höhe von drei bis fünf Mio. Euro, erklärte der Prüfer. Ende Februar sollen die Ergebnisse einer Sonderprüfung durch KPMG vorliegen.

"Noch einiges am Konto"

Wie es jetzt weitergehen werde, konnte der erst im November bestellte CEO der EMTS Technologie AG, Christian Rosner, seinen Eigentümern nicht wirklich sagen. Es drohe ein Verlust in der Höhe des halben Grundkapitals. Man habe jedoch "noch einiges am Konto" und stehe in Bankenverhandlungen, sagte Rosner auf die Frage nach einer möglichen Insolvenz der AG (1500 Mitarbeiter). Und auf die Zusatzfrage nach einer möglichen Insolvenz der Österreichtochter: Man sei "in einer schwierigen Situation, aber wir versuchen, die Insolvenz zu vermeiden".

Rosner beklagte, dass der Vorstand noch immer keinen aktuellen Überblick über die Finanzsituation habe, da es "mehrere Millionen an ungeklärten Posten" gebe, so auch eine Überweisung von einer Mio. Euro nach Hongkong.

"Zum richtigen Zeitpunkt" verkauft?

Wie berichtet, hatten im Vorfeld der Versammlung aufgebrachte Aktionäre rund um die M & A Privatbank kritisiert, dass Personen aus Vorstand und Aufsichtsrat "zum richtigen Zeitpunkt" verkauft hätten, obwohl ihnen die schlechte Situation des Unternehmen bereits bekannt gewesen sei. Diese Vorwürfe richten sich vor allem an den Unternehmensgründer und im Herbst zurückgetretenen CEO Franz Guggenberger, der jedoch bereits früher gegenüber dem STANDARD beteuerte, korrekt gehandelt zu haben. Bei der Hauptversammlung erklärte Guggenberger zum STANDARD, dass es für alle ungeklärten Überweisungen "entsprechende Aufsichtsratsbeschlüsse und eine klar nachvollziehbare Dokumentation" gebe, die er öffentlich vorlegen werde.

Genehmigt wurde von der Hauptversammlung schließlich auch die Erhöhung des Grundkapitals, von rund 5,8 Mio. Euro auf 8,7 Mio. Euro über fünf Jahre. (Thomas Neuhold & Helmut Spudich , DER STANDARD Printausgabe, 6. Februar 2003)