Der arbisch-sprachige Nachrichtensender Al-Jazeera startet im März eine englisch-sprachige Website. Darüber hinaus seien auch Pläne für ein englisch-sprachiges Satellitenprogramm von Al-Jazeera im Entstehen, berichtet das Wall Street Journal (WSJ) am Mittwoch. Der Schritt in den internationalen TV-Nachrichtenmarkt soll auch einem nicht-arabisch-sprachigen Publikum Einblicke aus erster Hand in eine der wichtigsten Regionen der Welt bieten. Hintergrund sei aber auch das schlichte unternehmerische Ziel, neue Einnahmequellen zu erschließen. Vertreter der Konkurrenz prophezeien Al-Jazeera schon jetzt Probleme mit den Sichtweisen unterschiedlicher Lesergruppen im Westen und der arabischen Welt.

"Der Bedarf den Westen zu erreichen war gegeben."

Der im Golfstaat Katar ansässige Sender betreibt seit Januar 2001 die Website aljazeera.net, die ab März auch in Englisch zu lesen sein soll. Verantwortlich für die englische Version ist die ehemalige BBC-Journalistin Joanne Tucker. Al-Jazeera biete zurzeit einen "besseren Zugang und Einsicht in eine wichtige Region der Welt als irgend ein anderer", so Tucker. "Der Bedarf den Westen zu erreichen war gegeben." Die englische Seite wird sowohl Breaking News als auch politische, soziale und kulturelle Themen der islamischen Welt bieten. Es werden sowohl eigenproduzierte als auch von arabischen Sendern gekaufte Inhalte auf der Website zu finden sein. Die journalistische Qualität der Seite werde westlichen Standards entsprechen, versicherte Tucker laut WSJ.

Die englische Website – wie auch der geplante englisch-sprachige TV-Kanal – sollen neuen Einnahmequellen erschließen und den Sender von Katar finanziell unabhängig machen. Auf der Website werde "mit Sicherheit" Werbung zu finden sein, etwa von Luxusgütern oder Hotels in der Region. Zielgruppe seien vor allem westliche Reisende.

Verstehen

Ron Ciccone, Vizepräsident der Nahost-Abteilung bei Turner Broadcasting System, der Mutter von CNN, sieht für den Konkurrenten Probleme am Horizont, die CNN schon am eigenen Leib erfahren hat. Es sei eben ein Unterschied, ob eine Geschichte für westliche Leser oder die "arabische Straße" konzipiert sei. Hier bedürfe es hoher Sensibilität, zudem sei es schwierig Zweideutigkeit zu vermeiden. "Wenn sie ehrlich genug sind, zu senden, was sie im Nahen Osten senden, würden Amerikaner aller politischen Richtungen einen guten Eindruck davon erhalten, warum es hier ein beispielsloses Niveau an Anti-Amerikanismus und offiziell sanktioniertem Judenhass gibt", sagte Abraham Cooper vom Simon Wiesenthal Center dem WSJ. Aus seiner Sicht kommt dem Sender in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle zu.

Kritik

Al-Jazeera hat es seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 geschafft, sich einen Ruf als das "CNN der arabischen Welt" zu schaffen, das einen authentischen Einblick in die Region bietet. Gleichzeitig wurde der Sender wegen seiner Berichterstattung oft kritisiert (z.B. wegen Antisemitismus). Die Ausstrahlung von Interviews mit dem Terroristenchef Osama bin Laden brachten Al-Jazeera den Vorwurf ein, Sprachrohr der Al-Kaida zu sein. (pte)