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Schädel eines Massengrabs in Vukovar

Foto: REUTERS/Nikola Solic

Belgrad - Der ehemalige jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic hat Mittwoch vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag die Verantwortung für das Massaker in der ostkroatischen Stadt Vukovar im Spätherbst 1991 zurück gewiesen. Weder er als (damaliger) serbischer Präsident noch Serbien oder das Militär hätten mit dem Massaker auf dem Landgut Ovcara bei Vukovar etwas zu tun gehabt. Unterdessen sagte vor dem UNO-Tribunal zum ersten Mal ein jugoslawischer General aus, der Milosevic schwer belasten könnte.

Die einstige Leiterin des Krankenhauses in Vukovar, Vesna Bosanac, hat Milosevic und das Militär in ihrer Aussage vor dem UNO-Tribunal als "direkt verantwortlich" für das Massaker bezeichnet. Major Sljivancanin sei in Begleitung von Ärzten des Belgrader Militärkrankenhauses in das Spital gekommen und hätte erklärt, dass die Kontrolle vom jugoslawischen Militär übernommen werde. Danach seien die Verwundeten abgeführt und erschossen worden. Sljivancanin wurde nach dem Kroatien-Krieg zunächst Oberstleutnant und erhielt danach den Rang eines Generals.

Auf dem Landgut Ovcara waren etwa 260 Kroaten ermordet worden, die zuvor aus dem städtischen Krankenhaus in Vukovar von jugoslawischen Soldaten abgeführt worden seien. Das UNO-Tribunal hatte in dieser Causa vor sieben Jahren Anklage gegen die drei jugoslawischen Offiziere Milan Mrksic, Veselin Sljivancanin und Miroslav Radic erhoben. Dem Tribunal hatte sich im Vorjahr nur Mrksic freiwillig gestellt.

"Insider"-Zeuge vor Gericht

Mit dem ehemaligen Chef des Militärsicherheitsdienstes (von Juni 1991 bis Mai 1992), Generalmajor Aleksandar Vasiljevic, ist heute ein "Insider" im Zeugenstand erschienen. Er soll im Prozess gegen Milosevic sowohl zu Ereignissen in Kroatien zu Kriegsbeginn 1991 sowie zum Kosovo-Krieg (1999) aussagen. Vasiljevic war nach seiner Pensionierung im Jahre 1992 im April 1999 erneut in den aktiven Militärdienst berufen worden. Bis zur zweiten Versetzung in den Ruhestand im Dezember 2000 war er als Sicherheitsberater des damaligen Generalstabchefs Nebojsa Pavkovic tätig.

Belgrader Medien hatten in den letzten Tagen angekündet, dass Vasiljevic als geschützter Zeuge unter dem Tarnnamen C 039 aussagen werde. Vasiljevic könnte im Prozess gegen Milosevic eine Schlüsselrolle spielen. Die Anklage hofft, dass der pensionierte General, der sich beim Militär jahrelang auch mit der Konterspionage befasste, die "absolute Kontrolle" Milosevics über das Militär und die Polizei zu Kriegsbeginn beweisen könne, berichteten Medien. Auch könnte er über Aktivitäten der jugoslawischen Sicherheitskräfte 1991 in Kroatien aussagen, die unter den kroatischen Serben Angst hätten erzeugen sollten.

In der Anklage, die im Herbst 2001 gegen Milosevic wegen Kriegsverbrechen in Kroatien erhoben wurde, scheint auch der Name von Vasiljevic auf. Er wird zusammen mit Milosevic und anderen einstigen serbischen und jugoslawischen Politikern als Beteiligter an "gemeinsamen verbrecherischen Vorhaben" bezeichnet. Vasiljevic hat sich nach Angaben der Anklage selbst beim Tribunalsbüro in Belgrad gemeldet und seine Bereitschaft bekundet, vor dem UNO-Tribunal auszusagen. Auch soll er keine Sicherheitsmaßnahmen für sich und seine Familie in Belgrad beantragt haben. (APA)