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Selbst anpacken, Experimente machen und so "Forschung erleben" können, das wünschen sich Schüler vom naturwissenschaftlichen Unterricht. Zwei Initiativen sollen nun das Interesse der Jugend an Forschung steigern.
Foto: APA/Jäger

Vom Kindergarten bis zur Matura will die Initiative "Forschung macht Schule" Interesse an Naturwissenschaft und Technik wecken. So soll dem Mangel an AkademikerInnen in diesem Bereich entgegengesteuert werden. Mehr Praxisbezug und bessere Vermittlung der meist "unbeliebten" Fächer wünschen sich SchülerInnen.

 

 

 

 

"Für Kinder ist der erste Eindruck besonders wichtig, und der wird versaut", sagt Sarina Mansour Fallah, bezogen auf das Wecken von Interesse an Naturwissenschaft in der Schule. "Es waren eher unbeliebte Fächer, und vor allem als schwierig abgestempelt", berichtet sie aus ihrem Schulalltag im Realgymnasium, das sie besuchte, bevor sie heuer auf die Vienna Business School wechselte.

Manche SchülerInnen hätten nicht darauf geachtet, dass der Schwerpunkt im Realgymnasium auf naturwissenschaftlichen Fächern liege und hätten hier Probleme gehabt, erzählt die 14-Jährige. "Man war darauf fixiert, dass die Kinder mit Wissen die Schule verlassen."

Die Sache "lockerer anzugehen und auf die Bedürfnisse der Schüler einzugehen" ist ihrer Meinung nach die richtige Strategie, Interesse zu schaffen und diese Hürde zu nehmen.

Am Anfang ansetzen

Man müsste man "von Anfang an den Leuten zeigen, was Forschung ist, und nicht erst, wenn sich dieses Bild schon gefestigt hat".

Ganz am Anfang ansetzen soll die neue Initiative des Infrastrukturministeriums, "Forschung macht Schule". Der Grundgedanke ist, das Interesse an Forschung und Naturwissenschaft zu verbreitern. Schon im Kindergarten will man mittels spezieller Spielmaterialien ansetzen. Langfristiges Ziel ist es, mehr ÖsterreicherInnen von einem technischen oder naturwissenschaftlichen Studium zu überzeugen. Denn es herrsche hier Mangel an etwa 1000 AkademikerInnen pro Jahr. Es soll außerdem "Pilotregionen" geben, in denen man ein durchgängiges Bildungsangebot mit naturwissenschaftlichem und technischem Schwerpunkt gewährleisten will.

Besondere Förderung für Mädchen

"Es wäre gut, wenn das Bild abgeschafft wird, dass nur Jungs das können", fordert Mansour Fallah. "Forschung macht Schule" sieht ebenso eine besondere Förderung für Mädchen vor. So reagiert man auf den hierzulande im europäischen Vergleich geringen Anteil an Frauen in der Forschung, der nur bei 21 Prozent liegt.

"Ich finde Naturwissenschaften ganz leicht", sagt Hannah Vuga, doch seien sie auch ihrer Erfahrung nach "unbeliebt". Was die 15-jährige Hauptschülerin bemängelt, ist die Art der schulischen Vermittlung. Die SchülerInnen sollten "nicht nur von der Tafel abschreiben müssen, sondern das gezeigt bekommen, die Lehrer könnten das interessanter bringen". Die Initiative will auch hier tätig werden, verstärkt didaktische Methoden vermitteln und sich mit der Lehrerausbildung befassen.

Vuga sähe es außerdem gerne, wenn Forscher in die Schule eingeladen würden. So könne man die Inhalte nicht nur lernen, sondern "erleben".

Der Kontakt zwischen Forschungseinrichtungen und Schulen soll im Rahmen von "Sparkling Science", einem Projekt des Wissenschaftsministeriums, das auch mit "Forschung macht Schule" kooperiert, hergestellt werden. Für die nächsten zehn Jahre stünde "Sparkling Science" ein Budget von drei Millionen Euro jährlich zu Verfügung. An "Forschung macht Schule" gehen für das Jahr 2008 insgesamt etwa fünfeinhalb Millionen. "In meinem Ausbildungszweig wird auf Biologie, Chemie und Physik nicht viel Wert gelegt", sagt Lisa Wurm, die eine höhere Schule für Tourismus besucht. "Das ist schade, denn das gehört zur Allgemeinbildung", sagt die 17-Jährige, die sich trotz ihres Ausbildungsschwerpunktes mehr naturwissenschaftlichen Unterricht wünscht.

Perspektiven aufzeigen

Aus ihrer Unterstufe in einem Wiener Realgymnasium hat Wurm positive Erfahrungen: "Man hat versucht, die Leute zu begeistern, und wir haben viele Experimente gemacht." Es habe auch einen eigenen "Science-Zweig" und ein dementsprechendes Wahlfach gegeben. "Viele Leute interessiert Forschung prinzipiell, aber sie wissen nicht genau, was das ist, welche Perspektiven sie haben und wo man sie überall im Leben braucht", spricht sich Wurm für Initiativen aus, die Aufklärung und Projekte in die Schulen bringen.

Dadurch könne man viel mehr Leute begeistern und zeigen, "dass das nicht nur irgendwas Kompliziertes ist, sondern dass man es richtig brauchen kann". "Leider viel zu wenig", sagt auch Hannah Schreiber (17), wenn man den naturwissenschaftlichen Unterricht ihrer Schule anspricht. Schreiber hat sich für die Ausbildung in einer Handelsakademie entschieden, wünscht sich aber dennoch zwecks Allgemeinbildung mehr Unterricht in dieser Richtung.

Praxisbezug gewünscht

Was sie sich unter Initiativen zur Förderung des Interesses an Forschung vorstellt, ist vor allem, Praxisbezug herzustellen. Auch sie hätte gerne in ihrer Schulklasse einen Forscher zu Besuch, "jemand der wirklich eine Ahnung hat". Ein weiterer Schwerpunkt von "Forschung macht Schule" ist das Ermöglichen von Ferialpraktika. OberstufengymnasiastInnen sollen so die Arbeit in einer Forschungseinrichtung kennenlernen können. Daneben würden Wettbewerbe für Projekte und Fachbereichsarbeiten gestartet werden.

Obwohl die LehrerInnen engagiert seien und den Unterricht mit Experimenten gestalten würden, seien Naturwissenschaften eher unbeliebt, erzählt Tanja Radinger. "Bei uns geht es mehr um das 'Man-muss-es-einmal gehört-haben'", sagt sie über den Unterricht in ihrem Gymnasium, dessen Schwerpunkt auf Sprachen liegt. Die 16-Jährige ist nicht überzeugt davon, dass solche Initiativen in ihrer Schule greifen würden, "weil sich die meisten vor allem für den sprachlichen Schwerpunkt interessieren".

In der siebenten Klasse, die sie gerade besucht, sei es "sicher schon zu spät". Zwar wüssten nicht alle, was sie später studieren wollen, aber die grundsätzliche Richtung ändere sich nicht mehr. (Julia Grillmayr/DER STANDARD, Printausgabe, 20.2.2008)