Pico Iyer ist der geborene Beobachter der globalen Klasse. Er kam in England als Sohn indischer Eltern zur Welt. Ab seinem siebenten Lebensjahr wuchs er in Kalifornien auf, bis er zum Studium nach Großbritannien zurückkehrte. Inzwischen lebt er, wenn er nicht gerade auf Reisen ist, in Japan. Er bezeichnet sich selbst als "a global village on two legs". Neben zahlreichen Essays hat er bereits mehrere Bücher über seine Reisen geschrieben.

Der Band Sushi in Bombay, Jetlag in L.A. versammelt in sieben "Episoden" seine Reportagen über das Phänomen der weltweiten Wanderung: Während die Elite für jedes Land auf ihrer ewigen Dienstreise eine andere Kreditkarte mit sich führt, stehen die Migranten stundenlang vor den Schaltern der Einwanderungsbehörden Schlange. Iyer sucht die Orte auf, an denen sich die Ströme verdichten, während sich die Oberflächen der Lebenswelt vereinheitlichen. Am Flughafen von Los Angeles beobachtet er, wie viele Menschen über diesen Ort nie so richtig hinauskommen, weil sie nur hier einen Job finden.

Autorenkongress

Im globalen Dorf Toronto mischt er sich unter die Teilnehmer eines Autorenkongresses; in Hongkong dämmert er neben einem Faxgerät, das niemals stillsteht. In Atlanta in den USA sucht er die Rückseite der Olympiainszenierung auf, und in England findet er die Spuren des Empire im Bewusstsein der indischen Mittelklasse.

Iyer, der früher ein Reporter für das US-Magazin Time war, ist kein Analytiker der Globalisierung, aber er beobachtet gut, und er öffnet die Augen für Absurditäten, für die man selbst beim Reisen oft zu müde ist. In Hongkong, so schreibt er, sei das Wort für Ausländer nicht ohne Grund "Gespenst". (Bert Rebhandl/DER STANDARD, Printausgabe, 5.2.2003)