Die umstrittene österreichische Stromlösung, kurz ÖSL, sprich die geplante Kooperation zwischen Verbund und EnergieAllianz aus EVN, Wien Energie, Energie AG Oberösterreich, Linz AG und Bewag, beschäftigt nicht das heimische Kartellgericht, sondern gemäß EU-Recht die Brüsseler Wettbewerbsbehörden. Da mehr als ein Drittel des Umsatzes im Ausland erzielt wird, ist EU-Kommissar Mario Monti zuständig.

Das ist den Beteiligten mehr als recht. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein kann bei den erwarteten Auflagen für sein Lieblingsprojekt mit dem Finger auf Brüssel zeigen und seine Hände in Unschuld waschen. Die involvierten Versorger treffen in Brüssel auf Energieexperten, die zwar die Nase über das De-facto-Monopol in Ostösterreich rümpfen, aber den EU-Strommarkt im Auge haben und nicht nationale Befindlichkeiten.

Formalkritierien

Die ÖSL-Gegner in Tirol, Salzburg, Steiermark und Kärnten können gegen den elektrischen "Ostblock" ( Steiermarks Landesrat Herbert Paierl) auf diese Weise weniger quer schießen, die Auflagen sollten milder ausfallen. Auch das Verbraucherinteresse für niedrigere Strompreise tritt auf EU-Ebene hinter die Formalkriterien des Wettbewerbsrechtes zurück.

Zu guter Letzt verhandelt auch Österreichs Wettbewerbshüter Walter Barfuß lieber mit EU-Beamten als mit den ewig gleichen Streithanseln hierzulande. In seiner ("mit Nachdruck") verfolgten Kooperation mit Brüssel bleibt das Kartellgericht völlig ausgeklammert. Das könnte ein Präjudiz für die Novelle der Novelle des Kartellrechts aus dem Vorjahr bedeuten. Anders formuliert: Wie die Praxis zwischen Brüssel und Wiener Wettbewerbsbehörde nun beweist, braucht das "alte" Kartellgericht niemand mehr. Brüssel wird's schon richten. Der Finanzminister müsste aufhorchen, neues Einsparpotenzial tut sich auf. (DER STANDARD, Printausgabe 5.2.2003)