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Berlusconi fürchtet eine Verurteilung durch die Mailänder Richter

Foto: REUTERS/Paul Hanna

Italiens Premier selbst gab die Linie vor: "Ein anderer müsste auf der Anklagebank sitzen, nicht ich." Silvio Berlusconi meinte Romano Prodi, seine Partei Forza Italia beantragte auch gleich einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gegen den derzeitigen EU-Kommissionspräsidenten.

Ein Ausschuss soll die Rolle Prodis bei der Privatisierung des Lebensmittelkonzerns SME prüfen. Wegen dieses umstrittenen Firmenverkaufs droht Berlusconi eine Verurteilung wegen Richterbestechung. Prodi hatte als Chef der staatlichen IRI-Holding die Privatisierung der Tochter SME geleitet und dabei einen Vertrag mit einer Firma unterzeichnet, den der aufstrebende Unternehmer Berlusconi laut Staatsanwaltschaft durch die Bestechung eines Richters für null und nichtig erklären ließ; Berlusconi erhielt den Zuschlag, steht dafür aber vor Gericht.

Der U-Ausschuss ist Teil eines Feldzuges gegen den EU-Kommissionspräsidenten. Ein zweiter Ausschuss beschäftigt sich nämlich mit der Rolle der damaligen Regierung unter Prodi beim Kauf eines Teils der serbischen Telekom durch die Telecom Italia im Jahre 1996. Die Anschuldigung, Prodi habe über Schmiergeldzahlungen an das Milosevic-Regime durch die Telecom Italia gewusst, brach zwar spektakulär zusammen, nachdem der Kronzeuge sich als kleiner Betrüger entpuppt hatte. Dennoch versuchen die Falken im Rechtslager weiterhin, Prodi zu diskreditieren.

Die Offensive erklärt sich wohl aus der steigenden Angst Berlusconis vor einer Verurteilung durch die Mailänder Richter und den daraus folgenden Neuwahlen. Sollten Neuwahlen im Laufe des nächsten Jahres erfolgen, dann dürfte dem Premier nämlich mit Prodi ein schwerer Gegner erwachsen. Prodis Brüsseler Mandat endet offiziell Ende 2004, allerdings hat Prodi mehrmals angedeutet, er könnte Brüssel auch früher verlassen, etwa sogleich nach der Neuwahl des EU-Parlaments im Juni 2004.

Prodi werden gute Chancen eingeräumt, Berlusconi aus dem Amt zu drängen. Am 14. Februar wird das Mitte-links-Bündnis Ulivo in Prodis Heimatstadt Bologna mit allen Führern und erweitert um den charismatischen Exgewerkschaftschef Sergio Cofferati die neue Lage besprechen. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.2.2003)